Forschung
Mehr als 120 TeilnehmerInnen diskutierten mit ExpertInnen die Themen "Open Innovation" und "Open Access" beim Forum Austria Innovativ im Palais Harrach.

Full House beim Forum Austria Innovativ

Mehr als 120 TeilnehmerInnen nahmen am Forum Austria Innovativ teil. Im Mittelpunkt standen "Best practice im Wissens- und Technologietransfer", "Open Innovation" und "Open Access".

Das Forum Austria Innovativ, gemeinsam veranstaltet mit dem BMWFW und dem Verlag Holzhausen widmete sich dem Thema „Good Practice im Wissens- und Technologietransfer an Universitäten“. „Open Innovation“ und „Open Access“ standen dabei im Mittelpunkt. 

In ihrer Eröffnungsrede betonte Barbara Weitgruber, BMWFW-Sektionschefin für Wissenschaftliche Forschung und Internationale Angelegenheiten, dass das BMWFW durch die Finanzierung der Wissenstransferzentren in der Höhe von mehr als 20 Millionen Euro bereits wichtige Schritte unternommen habe, um Wissen und Technologien von Universitäten und Forschungsinstitutionen in Richtung Gesellschaft zur transferieren und damit Innovationsprozesse zu unterstützen.

Das Spannungsfeld, in dem sich Universitäten nun befinden, da sie nicht nur mehr als Lehr- und Forschungsinstitutionen, sondern immer mehr auch als wichtiger Teil des gesellschaftlichen Innovationssystemes wahrgenommen werden, stand in Folge im Mittelpunkt der Beiträge der Expertinnen und Experten. Sabine Seidler, Rektorin der TU Wien, wies darauf hin, dass Universitäten, auch im internationalen Vergleich,  relativ gesehen wenig aus Patenten und Lizenzen einnehmen und die meisten Einnahmen von ein paar Spitzenpatenten, nicht aber von einer großen Anzahl an Einzelpatenten stammen. Seidler betonte auch, dass es einen Unterschied mache, ob man von  „Spin Offs“ oder „Start ups“ spreche. Während  „Spin offs“ „echte“ universitäre Ausgründungen seien, von denen es eine kleine aber feine Anzahl gebe, entstünden „Start ups“ im Umfeld der Universitäten auf Eigeninitiative von Studierenden und Alumni, - ohne dass die Universitäten darauf einen direkten Einfluss hätten. Stefanie Lindstaedt vom Know Center der TU Graz brachte die interessante Erfahrung mit in die Diskussion, dass innovative Ideen vor allem dann auf fruchtbaren Boden fielen, wenn für Universitäten, Unternehmen und Studierende ein gemeinsamer Raum zum Experimentieren geschaffen werde. So entstehe etwa in den Design Labs, der Learning Factory oder dem FabLab an der TU Graz eine kreative Atmosphäre, von der alle Beteiligten profitieren können. Die Erfahrung zeige dabei auch, dass die Aufteilung von Intellectual-Property-Rechten oder Fragen des Datenschutzes („Big Data“ & Data-driven Business“) im Prinzip keine unlösbaren Probleme darstellen, insofern verbindliche Regeln zwischen allen Beteiligten definiert werden können.

Dass die Universitäten bereits ihre ersten Erfahrungen mit “Open Innovation“-Projekten machen, zeige, so Innovationsexperte Karl-Heinz Leitner, vom AIT Austrian Institute of Technology, dass auch an der Schnittstelle zwischen Universitäten und Gesellschaft  ein Umbruch  in den dominierenden Innovationsmodellen beginne. Das klassische Modell des “Innovationstrichters”,  bei dem Unternehmen ihre Forschung und Entwicklung eher in Hochsicherheitslabors vornehmen, werde zunehmend durch offener strukturierte Innovationsmodelle ersetzt, die viel stärker auf Zusammenarbeit unterschiedlichster Gruppen (Forscher, Kunden, Lieferanten, etc.) setzen. Der Effekt: Die (Unternehmens-)Grenzen werden durchlässiger, wodurch neue Methoden und Möglichkeiten entstehen, um mit dem Neuen umzugehen. Mehr als 70 unterschiedliche Open Innovation Modelle hat Leitner dafür in einer rezenten AIT-Studie identifiziert und untersucht. Dabei zeigen sich auch die Spannungsfelder, die dadurch entstehen. Denn: wem gehören die Daten/Ergebnisse, wer darf sie wem zur Verfügung stellen oder wer hat ein Recht, das zu verwehren? An den Schnittstellen zwischen Universitäten, Unternehmen und Gesellschaft sei das nicht anders. Verschiedene Stakeholder-Motivationen – zwischen Demokratisierung von Wissen (Open Science), Open-Innovation-Ansätzen oder IP-Verwertungsinteressen können so auch in Widerspruch geraten.

Aus der Sicht der Universitäten so Peter Riedler, Vizerektor für Finanzen der Universität Graz, passiere freilich oft schon “zu viel Open Innovation“ an Universitäten, das heißt, es blieben manchmal auch Einnahmequellen liegen, die sich nicht verwerten ließen. Gerade dafür habe man nun aber bereits auch gute Erfahrungen mit Wissenstransferzentren gemacht, wie Riedler betonte. Zudem setze auch die Karl-Franzens-Universität Graz Aktivitäten im Bereich Entrepreneurship („TIMEGATE“, Science Park Graz, Ideentriebwerk Graz, „Gründungsgarage“, etc.). Siegfried Reich, Leiter von Salzburg Research, zeigte anhand eines rezenten Forschungsprojektes, dass es auch möglich ist, auf Basis eines Open-Innovation-Projektes neue gewinnträchtige Geschäftsmodelle umzusetzen. So sei im Rahmen eines fünf Millionen schweren Open-Innovation-EU-Forschungsprojektes im Bereich Softwareentwicklung eine Ausgründung entstanden, die trotz der kostenlosen Zurverfügungstellung von Software an  Usern und UserInnen mittels Service und Beratung Gewinne lukrieren könne.

Open Access – Unterschiedliche Geschwindigkeiten?

Der Nachmittag des Forums Austria Innovativ stand dann im Zeichen von  “Open Access”.  Hier zeigte sich eine große Bandbreite an Möglichkeiten, aber auch Einschätzungen über die Vor- und Nachteile, die die kostenlose Zurverfügungstellung von wissenschaftlichen Publikationen und Forschungsdaten mit sich bringen können. Während Anton Grasschopf vom Rat für Forschung und Technologieentwicklung (RFTE) auf eine Fülle von komplexen Problemen hinwies, die durch Open Access entstehen könnten – von der Qualitätssicherung über Datenschutz bis hin zu Finanzierungsfragen, zeigte Peter Seitz, Leiter der BMWFW-Abteilung Universitäten der Künste und des wissenschaftlichen Bibliothekswesens, dass sich bereits eine Vielzahl an Initiativen in Österreich des Themas Open Access erfolgreich angenommen haben. Brigitte Kromp, von der Kooperation E-Medien Österreich (KEMÖ) von der Universität Wien wies bei ihrer Begriffsklärung darauf hin, dass unter „Open Access“ eine Fülle von Abstufungen und Annäherungen subsummiert seien und es sowohl bei der Prozessgestaltung, Produktion und Organisation von Open-Access-Publikationen eine große Bandbreite gebe und man noch von keinem einheitlichen Standard zu sprechen sei. Allgemein könne man aber von einem ausgehen könne, so Kromp: „Open is the new normal“.

Freilich sind noch eine Reihe von Fragen offen. Geklärt werden müssen etwa noch eine Vielzahl von rechtlichen Fragen, so Thomas Luzer, Leiter der Fachbereichsbibliothek Rechtswissenschaften, der Universitätbibliothek Wien. Denn das rechtliche Umfeld rund um Eigentum, Urheberrecht, Copyright, CC-BY & Co seien derartig komplex, dass es, so Luzer, selbst seine Kolleginnen der juridischen Fakultät immer wieder herausfordere.

Generell aber könnte diese und ähnliche Fragen wie die der Qualität oder der Finanzierung von Open-Access-Publikationen, so Falk Reckling, verantwortlich für Strategie-Analysen vom Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF), positiv beantwortet werden, insofern entsprechende Rahmenbedingungen geschaffen werden. Wichtig etwa seien Maßnahmen für mehr Wettbewerb der großen Wissenschaftsverlage (Elsevier, Macmillan, Springer, etc.) untereinander, internationale Länderkooperationen oder auch die Gründung von nationalen OA-Universitätsinitiativen („Austrian University Press“). Damit könnten in Zukunft – etwa durch den durchgängigen Wegfall von Druckkosten - kosteneffiziente und qualitativ hochwertige OA-Systeme entstehen, so Reckling.

In den einzelnen wissenschaftlichen Disziplinen werden freilich noch unterschiedliche Erfahrungen gemacht und unterschiedliche Geschwindigkeiten bei der Umsetzung von OA-Initiativen eingemahnt. Während in den Naturwissenschaften „Open Access“-Publikationen heute bereits mehr weniger fraglos akzeptiert werden, sieht man in den Geistes- und Sozialwissenschaften noch Diskussionsbedarf. Vor allem in den „Bildwissenschaften“, wie etwa in der Archäologie, so Barbara Beck-Brandt, vom Österreichischen Archäologischen Institut (ÖAI), müsse man bei der Umstellung auf Open- Access-Formate behutsam vorgehen, da noch eine Reihe von (urheberrechtlichen) Fragen offen seien. So stünden etwa in der Archäologie der kostenlose Bibliothekstausch von Printpublikationen noch stark im Vordergrund; OA-Publikationen könnten Printpublikationen auch deshalb derzeit kaum ersetzen, weil  der Erwerb von Bildrechten für Internet-Publikation – etwa von Grabungen in der Türkei oder Ägypten – derzeit stark eingeschränkt ist. Würden aber für ForscherInnen nur mehr internetoptimierte (das heißt niedrigauflösende Bildschirm-) Bilder zur Verfügung stehen, so Thomas Corsten vom Institut für Alte Geschichte, Papyrologie und Epigraphik der Universität Wien, würde das die Forschungsarbeit für Bildwissenschaftler so gut wie verunmöglichen. „Die Arbeit mit gedruckten Büchern mit hochauflösenden Bildern steht in unseren Disziplinen auch aus diesem Grund noch immer im Vordergrund.“

Positive Erfahrungen mit der Umstellung auf OA-Publikationsweise machten hingegen Gunther Maier, vom Forschungsinstitut für Raum- und Immobilienwirtschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien bei der Zeitschrift „Region“. Zum einen sei der Qualitätsstandard durch das weiterhin angewandte Peer-Review-Prinzip gewährleistet. Zum anderen konnte die Verbreitung durch Open Access aber deutlich erhöht werden.

Ähnlich positive Erfahrungen machte auch Thomas König, vom Institut für Höhere Studien, bei der Umstellung des Österreichischen Zeitschrift für Politikwissenschaft auf Open Access.  Durch den Wegfall der Druckkosten könnten nun – bei insgesamt niedrigeren Kosten - mehr Mittel für die redaktionelle Qualität und für das Layout aufgewendet werden.

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