Im Gespräch mit Austria Innovativ kritisiert IG Windkraft-Geschäftsführer Florian Maringer die Netzentgelte für Erzeuger. | Foto: Beigestellt
Unsere Strompreise wären in den letzten vier Jahren ohne Windkraft, Photovoltaik und Kleinwasserkraft um sechs Prozent höher gewesen, so eine aktuelle Studie des Beratungsunternehmens „enervis“. Dies hätte die jährlichen Stromkosten für einen durchschnittlichen Haushalt um 73 Euro erhöht. Für 2030 wird ohne die Erneuerbaren eine Preiserhöhung von 20 Prozent erwartet. IG Windkraft- Geschäftsführer Florian Maringer im Gespräch über die Sorgen der Branche und die Wünsche an den Gesetzgeber.
Austria Innovativ: Was sind die größten Hürden, die dem Erneuerbaren-Ausbau in den Weg gelegt werden?
Florian Maringer: Die derzeitige politische Unsicherheit, sehr aufwändige Genehmigungsverfahren und mangelnde Flächenausweisung in den Bundesländern. Im aktuell in Begutachtung befindlichen Elektrizitätswirtschaftsgesetz (EIWG) überlegt die Regierung die Einführung neuer Netzentgelte für Erzeuger. Von diesen verlangt Österreich bereits jetzt die zweithöchste Abgabe in ganz Europa, wobei nur eine Handvoll Länder, überhaupt solche Steuern einheben. Das zerstört jedes politische Vertrauen und führt zu teurerer Energie, höheren Energieimporten und zu einer Ausbauverzögerung. Im Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG), das ebenfalls in Diskussion ist, sollen Verfahren beschleunigt und effizienter gemacht werden und dringend nötige Flächen in ganz Österreich mobilisiert werden. Im aktuellen Entwurf ist das leider weitgehend nicht abgebildet, wiewohl gute Ansätze zur Verfahrensbeschleunigung sichtbar sind. Es fehlt vor allem Verbindlichkeit bei den Zielen und die klare Verantwortung der Bundesländer, hier ihren Teil beizutragen. Damit gibt es für den Ausbau heimischer Energieerzeugung und einer damit verbundenen günstigeren und sichereren Energieversorgung keine Planungs- und damit Investitionssicherheit.
Welche Gefahren erzeugt der heimische Alleingang?
Im europäischen Alleingang höhere Netzentgelte zu erfinden, gefährdet viele Projekte, da sie sich nicht mehr rechnen oder ihre Finanzierung deutlich teurer wird. Damit wird jahrelange Planung vernichtet und der heimischen Energieversorgung substanziell geschadet. Es steht nichts weniger als eines der größten privat finanzierten Konjunkturpakete für Österreich auf dem Spiel.
Was wünscht sich die Branche vom Gesetzgeber?
Es braucht vor allem Planungs- und Investitionssicherheit durch klare, auf Fakten basierenden, transparenten Rahmenbedingungen – statt unberechenbarer Eingriffe. Beispielsweise führen die im Rahmen des ElWG geplanten, neuen Netzentgelte zu steigender Verunsicherung des gesamten Sektors, sowie für Wirtschaft und Haushalte – die dringend günstige und sichere Energie brauchen. Auch das zur Verfügungstellen von Flächen für die Windkraft – eine EU-weite Vorgabe, die Österreich umsetzen muss – braucht Verlässlichkeit und einen gemeinsamen Schulterschluss.
In vielen Regionen des Landes haben sich Unternehmen der Erneuerbaren zu Kraftzentren und tragenden Wirtschaftsmotoren entwickelt, die Wertschöpfung abseits der Städte generieren und lokal tief verwurzelte Arbeitgeber sind. Die heimische Windkraftbranche könnte in den nächsten Jahren über 4,7 Milliarden Euro in Österreich investieren, wenn es die Politik zulässt. Um dieses Potenzial zu entfesseln, bedarf es keiner Budgetmittel, sondern nur der Entfernung der auf den Weg gelegten Steine.
Wie kann die (regionale) Wettbewerbsfähigkeit gesteigert werden?
Durch inländische Wertschöpfung, die noch dazu größtenteils außerhalb der Ballungsräume im regionalen Raum entsteht. Die Milliardeninvestitionen der Branche können maßgeblich zur Bewältigung der aktuellen Wirtschaftskrise und zur Inflationsbekämpfung beitragen. Diese Investitionen würden nicht nur den dringend benötigten Ausbau erneuerbarer Energien sicherstellen, sondern auch tausende Arbeitsplätze schaffen und sichern – vor allem in ländlichen Regionen und entlang der gesamten Wertschöpfungskette der Windenergie. Das ist genau das, was Österreich gerade braucht, um wettbewerbsfähiger zu werden. Denn Unsicherheit und Abhängigkeit von Gas-Despoten ist toxisch für den Wirtschaftsstandort.
Ist bereits absehbar, wann das Elektrizitätswirtschaftsgesetz (EIWG) verabschiedet wird?
Nein. Es soll – lange erwartet – als modernes neues Betriebssystem für Energie sicheren, preisstabilen Strom und vor allem deutlich verstärkte Energie-Flexibilität quer über alle Regionen Österreichs sicherstellen. Stattdessen steht aktuell im Raum, dass das neue Gesetz zusätzliche neue Belastungen für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien bringen könnte. Das heißt: Verlangsamung, Verteuerung, Verunsicherung. Dazu gehört auch die sogenannte „Spitzenkappung“, die insbesondere für die Windkraft sachlicher Grundlage entbehrt, EU-rechtswidrig ist, und zu allem auch noch die Wirtschaftlichkeit von so manchen Erneuerbaren Projekten bedroht. Und zweitens bedeutet dies neue Netzkosten für Erzeuger, die die heimische Erzeugung gegenüber Stromimporten aus dem Ausland belasten und den Strompreis entgegen gegenteiliger Versprechen im Endeffekt teurer machen werden. Wenn es juristische Möglichkeiten gibt, werden wir das Gesetz bekämpfen. Allerdings erhoffen und erwarten wir noch politischen Hausverstand und sinnvolle Umsetzung.