More than Recycling

18.06.2025 | Bildung

Wegwerfen war gestern. Oder doch nicht? Was über Jahrhunderte selbst- verständlich war – Ressourcen optimal und solange wie möglich zu nutzen – scheint heute vergessen. Die Ausstellung „More than Recycling“ lädt dazu ein, unseren Umgang mit Dingen neu zu denken.

Die neue Sonderausstellung „More than Recycling“ regt die Besucher:innen zum Nach- und Umdenken an. Ob Landwirtschaft, Bekleidung, Wohnen oder Unter- haltung – unser Lebensstil hat massive ökologische und soziale Folgen. Auf fünf Ebenen lädt die Ausstellung zu einem Hinterfragen ein, bietet zahlreiche Interaktionsmöglichkeiten und zeigt neue, überraschende Wege, um Ressourcen zu erhalten, statt sie zu verschwenden.

Kann das weg oder ist das Kulturgut?

Was in den Augen mancher Menschen weggeworfen gehört, ist aus musealer Perspektive vielleicht schon Kulturgut. Ein Förderband mit verschiedensten Objekten lädt einleitend zum Perspektivwechsel und zum Nachdenken darüber ein, wie subjektiv unsere Wahrnehmung von Wert oder (vermeintlicher) Wertlosigkeit ist. Nach einer Einführung in die Unterschiede zwischen dem herkömmlichen Wegwerfmodell und einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft er- schließen die folgenden Ausstellungskapitel Lebensbereiche von Ernährung bis Unterhaltungselektronik. Ein interaktiver „Utopienpfad“ führt als roter Faden durch die Ausstellung und fordert Besucher:innen in den unterschiedlichen Bereichen zu Entscheidungen auf, die am Ende des Rundgangs eine individuelle Utopie ergeben und in Form einer digitalen Nachricht mitgenommen werden kann.

Reduce and Refuse

Das erste Kapitel der Sonderausstellung widmet sich der Ernährung: Ohne Landwirtschaft kein Leben – was in der Erde endet, beginnt auch dort. Wie leicht der natürliche Kreislauf im Ackerboden gestört werden kann, machen mehrere Bodenquerschnitte eindrucksvoll sichtbar: Die Folgen menschlicher Eingriffe werden aus dem Verborgenen geholt und zeigen auch, welche einfachen Maßnahmen das Auslaugen des Bodens verhindern können. Was eine Erbse mit Diamanten zu tun hat, wird hier ebenso erklärt wie innovative landwirtschaftliche Konzepte von Aquaponik bis zu Vertical Farming.

Ebenso unverzichtbar wie Ernährung ist unsere Bekleidung: Exemplarisch für die Textilindustrie steht ein übergroßes T-Shirt als zentrales Objekt, durch das die Besucher:innen diesen Ausstellungsbereich betreten. Eine durchgehende Kleiderstange und die daran abhängenden Objekte thematisieren die Problematik der grassierenden Überproduktion, Ausbeutung und Verschwendung durch Fast Fashion. Fern von den Orten, an denen die Textilprodukte konsumiert werden, finden sich deren Überreste und belasten Mensch und Umwelt: Dass Textilien nur schwer recyclebar sind, wird hier ebenso vermittelt wie innovative Lösungsansätze, bei denen Fasern aus vollständig abbaubaren Algen hergestellt werden. Im Fokus dieses Kapitels steht „Vermeiden anstatt Ausbeuten“ sowie eine Rückbesinnung auf Langlebigkeit und Reparierbarkeit von Textilien.

Rethink and Recycle

Kreislauffähige Werkstoffe sind in der Architektur ebenso erstrebenswert wie in der Kunststoffproduktion und beide Bereiche zeigen, dass Wiederverwendbarkeit bereits beim Design eines Produkts mitgedacht werden muss. Besucher:innen lernen die Stadt als unerschlossene Rohstoffquelle neu kennen, entdecken Klettverschlüsse aus Holz und erfahren, wie Bakterienzellulose Erdöl ersetzen oder Stroh zur biogenen Alternative für Kunststoff werden kann.

Verschiedene Perspektiven auf Plastikanwendungen zeigen, dass dieses Material einerseits die Medizin revolutioniert hat und sein Einsatz lebensrettend sein kann – seine vielfältige Nutzung andererseits Umweltschäden von enormem Ausmaß verursacht. Um dieser Diskrepanz zu begegnen, wird an vielen Aspekten von Kunststoff geforscht. Daher werden Besucher:innen hier eingeladen, einen Blick ins Labor und auf verschiedene Forschungsprojekte zu werfen. Ein Greifautomat lädt dazu ein, Recyclingmöglichkeiten spielerisch zu erkunden. Ergänzend vermitteln Grafiken Fakten zur Herstellung, Nutzung und Wiederverwertung von Kunststoffen.

Reuse and Repair

Leihen statt kaufen, nutzen statt besitzen sind die Leitsätze jenes Ausstel- lungsbereichs, der sich der Notwendigkeit von Anschaffungen widmet und einlädt, innezuhalten und individuelles Kaufverhalten zu überdenken. Ob eine Zuckerwattemaschine tatsächlich in keinem Haushalt fehlen darf, wird hier ebenso hinterfragt, wie die Masse an Gegenständen, die wir in Wohnungen lagern, ohne sie regelmäßig zu nutzen. Exemplarisch dafür steht die Datenbank der belgischen Künstlerin Barbara Iweins, die ihren mobilen Besitz – er umfasst 12.795 Objekte – akribisch dokumentiert hat. Alternative Konzepte des Sharings wie „Leihläden“ und die „Bibliothek der Dinge“ zeigen, dass ein Wiederverwenden oder Teilen von Gütern nicht nur ressourcenschonend ist, sondern auch gemeinschaftsfördernd wirkt.

Das letzte Kapitel der Sonderausstellung „More than Recycling“ führt den Besucher:innen vor Augen, dass Reparieren für lange Zeit das Selbstverständlichste der Welt war – Güter waren zu wertvoll, um sie beim ersten Verschleiß wegzugeben. Neben einem Livestream zu einer Glühbirne, die seit 1901 ununterbrochen leuchtet und demonstriert, dass das Potenzial an Leuchtdauer bereits vor mehr als 120 Jahren gegeben war, werden in diesem abschließenden Kapitel verschiedenste kreative und nachhaltige Konzepte vorgestellt, die das volle Potenzial an Ressourcen ausschöpfen: von der „100-jährigen“ Waschmaschine, bei der jedes Teil ausgetauscht werden kann, über refurbishte Produkte, denen ein zweites Leben eingehaucht wird, bis hin zu Autobatterien, die einem Amsterdamer Fußballstadion als Notstromaggregat dienen. Die Reparaturmöglichkeit steht im Gegensatz zu einer steten Steigerung der Produktionszahlen, angefeuert durch unsere Konsumgewohnheiten. Statistiken veranschaulichen dabei die Entwicklung der Menge an Elektroschrott und zeichnen so ein umfassendes Bild einer Gesellschaft, welche die Begrenztheit von Ressourcen nur langsam wahrhaben will.

„More than Recycling“ zeigt, dass es vielfältige und inspirierende Ansätze gibt, um unsere Zukunft nachhaltig und ressourcenschonend zu gestalten, wenn wir umdenken und neue Wege gehen.

Eine Ausstellung, die selbst Kreislaufwirtschaft lebt

„More than Recycling“ baut auf der Wiederverwertung der vorherigen Sonderausstellung auf, indem Architekturelemente neu kombiniert und Neuanschaffungen auf ein Minimum reduziert wurden. Verbindungselemente zwischen den Ausstellungsmöbeln setzen Farbakzente und lenken den Blick auf neu Zusammengefügtes. Nachhaltige Baustoffe wie beispielsweise der Lehm- verputz im Ausstellungskapitel „Landwirtschaft“ geben den verschiedenen Ausstellungsräumen ein individuelles Erscheinungsbild. Dieser beispielhafte Ansatz eines nachhaltigen Ausstellungskonzeptes denkt dabei auch zukünftige Bespielungen mit und adaptiert Bestandselemente so, dass sie auch über die Laufzeit von „More than Recycling“ hinaus in Gebrauch bleiben können.

Laufzeit der Ausstellung: 18. Juni 2025 bis 30. Dezember 2026

Tags:

Aktuelle Events

  • European Forum Alpbach 2025

    16.08. – 29.08.2025 | Wien und Online | Die Werte, die das Nachkriegseuropa geprägt haben – Demokratie, Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und soziale Marktwirtschaft – stehen im Zeitalter des technologischen Wandels, geopolitischer Verschiebungen und einer existenzbedrohenden ökologischen Krise auf dem Prüfstand. 

  • Technology Talks Austria 2025: Tickets ab sofort erhältlich

    11.-12.09.2025 | Wien Bei Österreichs relevantester Technologie-Konferenz im MuseumsQuartier Wien steht das Thema Wettbewerbsfähigkeit im Zentrum.

Newsletter