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© Foto: KBVÖ, 50 Prozent des Gasbedarfs könnte mit Biogas und Biomethan gedeckt werden. Erste gesetzliche Rahmenbedingungen wurden dieses Jahr auf den Weg gebracht.

Biogene Energie

Biogas: Vom Sorgenkind zum Rettungsanker

50 Prozent des Gasbedarfs in Österreich könnte mit heimischem Biogas gedeckt werden. Die Energiekrise hat dieser Branche endlich wieder Rückenwind gebracht. Ein Biomethan-Leuchtturmprojekt in Niederösterreich zeigt, wie mit Nebenprodukten und Abfällen Gasimporte substituiert werden können.

von: Alex Kohl

Das stürmische Energiejahr 2022 trieb die Energiepreise in ungeahnte Höhen. Was viele Unternehmen und Haushalte in eine Notlage bringt, ist aber ausgerechnet für jene Branche, die noch vor kurzem als Sorgenkind und Auslaufmodell galt, zum Rettungsanker geworden: Die Biogasbranche ist wieder aufgelebt und kann erstmals Strom am Markt direkt absetzen. Viele Biogasanlagen waren noch vor wenigen Monaten konkursreif – Förderungen waren ausgelaufen und die Marktpreise mit importiertem Erdgas nicht konkurrenzfähig. Doch diese Situation hat sich mit Jahresbeginn geändert.

Neues EAG-Gesetz
Nach einer Novellierung des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes im Jänner wurde Anfang Oktober nun auch die Marktprämienverordnung verabschiedet. Für den Bereich der Verstromung von Biogas direkt vor Ort ist damit der rechtliche Rahmen gesetzt. Anstatt wie bisher ein Ökostromtarif, wird zukünftig eine Marktprämie ausbezahlt. Diese soll die Differenz zwischen Produktionskosten und durchschnittlichem Marktpreis für Strom für einen bestimmten Zeitraum ausgleichen. Die Regelung stellt einen wesentlichen Bestandteil für die verlässliche Energieproduktion aus Biogas dar, wie auch der Verband Kompost & Biogas betont. Die Biogasbranche könne damit nun einerseits bestehende Anlagen sichern und andererseits neue Projekte anvisieren. „Biogasanlagen können einerseits die Strom- und Wärmeproduktion flexibel und vor allem versorgungssicher anbieten. Die größte Stärke können sie aber über die Einspeisung in das Gasnetz, die saisonale Zwischenlagerung in den Gasspeichern und der zielgerichteten Verwendung ausspielen“, erklärt Norbert Hummel, Biogasobmann des Kompost & Biogas Verbandes. Mit der Marktprämienverordnung sei nun ein wichtiger Baustein im Gesamtsystem fertiggestellt worden. Und Biogas dadurch zu einer verlässlichen erneuerbaren Stromproduktion beitragen. „Der Ausbau inländischer Grüngasproduktion ist auch der beste Garant für die zukünftige Versorgungssicherheit Österreichs“, so Hummel.

Biomethan aus Landwirtschaftsabfällen
Auch für Biomethananlagen wird derzeit unter Federführung des Klimaschutzministeriums an der Investitionsförderungsverordnung und am Erneuerbares-Gas-Gesetz gearbeitet. Derzeit speisen bereits 15 Biomethanlagen das erzeugte Biomethan in das Erdgasnetz ein. Allein im Restmüll befinden sich 40 Prozent organische Abfälle mit einem möglichen Energieertrag von 150 Millionen Kubikmeter Biomethan. Insgesamt könnten aus organischen Abfällen sowie Wirtschaftsdüngern und organischen Reststoffen der Landwirtschaft in Summe rund 1,5 Milliarden Kubikmeter erneuerbares Biomethan produziert werden, wie Hummel vorrechnet: „Biomethan ist jene Option, die auch langfristig den Klimazielen entspricht.“

100 Prozent Gasversorgung für Haushalte
Wie Biomethan aus nachwachsenden Rohstoffen schon jetzt effizient zum Ersatz von fossiler Energie im Haushalt, in der Mobilität und in der Wirtschaft aufbereitet werden kann, zeigt Österreichs größte Biogasanlage EVM im niederösterreichischen Margarethen am Moos. „Seit März 2019 läuft unsere Biogasaufbereitungsanlage auf Hochtouren“, sagt Stefan Malaschofsky, geschäftsführender Gesellschafter der EVM Energieversorgung Margarethen am Moos GmbH. Aktuell verarbeitet die Anlage rund 1.100 Normkubikmeter Rohbiogas pro Stunde. „Bereits 300 Biogasanlagen dieser Größe würden zum Beispiel schon ausreichen, um alle Gashaushalte zu 100 Prozent mit klimaneutralem Biomethan zu versorgen“, betont Malaschofsky.

Experten der Johann Kepler Universität Linz, der Montanuniversität Leoben und von Bioenergy2020+ haben errechnet, dass Österreich bis zu 50 Prozent des Gasbedarfs allein mit heimischem Biogas deckten könnte, wie es in Margarethen hergestellt wird. Die EVM punktet nicht zuletzt mit höchster Qualität des hergestellten Gases. Biomethan funktioniert unter dieser Voraussetzung wie Erdgas und ist zu 100 Prozent erneuerbar. „Unser Biomethan ist physikalisch völlig ident mit Erdgas. Das bedeutet: Sämtliche Gasendgeräte können damit einwandfrei betrieben werden – vom Heizkessel zuhause, über das Erdgasauto, bis hin zur Industrieanlage“, sagt EVM-Betriebsleiter Michael Jungbauer.

Österreichs erste Biomethan-Tankstelle
In Österreichs größter Biogasanlage wird Bio-Mist verarbeitet. Es werden nur agrarische Reststoffe wie Zwischenfrüchte, Maisstroh, Festmist oder Gemüsereste, aber keine Lebensmittel vergoren. „Zu uns kommt der Abfall, der nicht in den Handel geht. Wir nehmen nur reine Produkte und kein Fleisch“, betont Stefan Malaschofsky.

Viele Einsatzmöglichkeiten
Das Produkt ist vielseitig verwendbar: Aktuell tanken beispielsweise bereits mehrere Gas-Lkw in Margarethen am Moos – das Treibstoff-Geschäft hat großes Potenzial: „Biogas kann in der Mobilität am besten eingesetzt werden. Wir sind billiger als Diesel“, sagt Malaschofsky. Jährlich könnten 3.328.800 Liter Diesel mit Biomethan aus Margareten am Moos ersetzt werden. Ursprünglich war die Biogasanlage Margareten am Moos von Landwirten als bäuerliche Genossenschaft gegründet worden und 2007 mit einer Biomethan-Hoftankstelle ausgestattet. Seit 2015 wird zudem in einer nahegelegenen, 100.000 Quadratmeter großen Paradeiser-Plantage das bei der Biogas-Herstellung anfallende CO2 als Pflanzendünger und die Anlagenabwärme fürs Klima im Glashaus genützt.

Biokraftstoffe weltweit im Vormarsch
Dass Energieproduktion durch nachwachsende Rohstoffe nicht nur national, sondern auch international boomt, zeigen die neuen Großaufträge der steirischen BDI-BioEnergy International. Mitte des Jahres wurde die größte Biodiesel-Anlage Europas in Gent (Belgien) errichtet, in der 115.000 Tonnen Biodiesel pro Jahr produziert werden. Kurz davor eröffnete der steirische Biodiesel-Spezialanlagenbauer in Bakersfield die größte kalifornische Biodiesel-Produktionsanlage.

In beiden Anlagen ist die patentierte RepCAT-Technologie zur Verwertung schlechtester Abfallstoffe im Einsatz. Diese Technologie erlaubt durch den Einsatz eines recycelbaren Katalysators eine effizientere Biodiesel-Produktion. Die Anlage in Kalifornien beispielsweise bietet die Möglichkeit, regional gesammelte Abfallfette aus Großküchen, der Lebensmittelindustrie oder Abwasseraufbereitungsanlagen lokal zu verarbeiten und so den ökologischen Fußabdruck zu reduzieren. „Mit dem Bau dieser Biodiesel-Anlage der neuesten Generation können wir auf jegliche Rohstoff-Änderungen reagieren und somit ein Maximum an Flexibilität erzielen“, so Harry Simpson, CEO von Crimson Renewable Energy LP. „Rund 50.000 Fahrzeuge könnten pro Jahr in Kalifornien dadurch CO2-neutral betrieben werden.“

 

Weitere Informationen unter:
kompost-biogas.info
ovgw.at/gas
evm-bioenergie.at
bdi-bioenergy.com


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