5/2023 Forschung Wirtschaft
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Recyclingverpackungen werden in naher Zukunft in sämtlichen Industriesektoren eingesetzt werden müssen. Die nahenden gesetzlichen Bestimmungen sind ein Boost für Neuentwicklungen auf diesem Gebiet.
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Nachhaltige Verpackung

Zur Verpackung kritischer Bau-Reststoffe wie Asbest oder künstlicher Mineralwolle gibt es bis dato keine Alternativen zu Plastiksäcken oder Big Bags aus Kunststoff-Primärmaterial. Die Kunststoffindustrie arbeitet bereits an Lösungen. Ein Kunststoff-Pionier aus dem Weinviertel zeigt es vor.

von: Alexander Kohl

Recyclingverpackungen sollen in den nächsten Jahren flächendeckender zum Einsatz kommen – auch in sensiblen Bereichen, wie der Sammlung von kritischen Reststoffen. Damit sich die Recyclingquoten in allen Verpackungsmaterialien erhöhen, sollen auch die Vorgaben in angekündigten nationalen und europäischen Rechtsakten angehoben werden, doch in Wirtschaft und Industrie werden die Potenziale von Recyclingverpackungen noch wenig beachtet.

Selbst „Abfall“ wird damit zumeist in Verpackungen mit hohen Primärkunststoffanteilen gesammelt – so etwa im Baubereich. Asbest und künstliche Mineralwolle müssen beispielsweise aufgrund von gesetzlichen Bestimmungen sicher von anderen Baurestmassen getrennt werden. Dazu werden sie zumeist in hochwertigsten Big Bags aus Primärkunststoff zwischengelagert. Dass es aber technologisch schon längst möglich wäre, Verpackungen für diese Einsatzbereiche aus 100-Prozent-Recyclingware herzustellen, beweist nun ein Weinviertler Unternehmer: „Wir haben es in wenigen Wochen Entwicklungszeit geschafft, hochwertige 100-Prozent-Recycling-Big Bags für Asbest und Mineralwolle herzustellen, ohne Primärkunststoff zu verwenden“, berichtet Joachim Puhm, Geschäftsführer der Puhm GmbH aus Drasenhofen. Das Ausgangsmaterial für diese Neuheit am Verpackungsmarkt sei nichts anderes als alte, auf dem europäischen Markt verfügbare Big Bags.

Technisch machbar

„Die technischen Möglichkeiten, um Abfall in Abfall zu verpacken, wären schon längst verfügbar. Nutzen wir sie, um die Kreislaufwirtschaft auch im Verpackungsbereich umzusetzen“, fordert Puhm. Der Kunststoffrecycling-Experte aus Drasenhofen hat es sich vor einigen Jahren zum Ziel gemacht, im Bereich Kunststoffverpackungen Schritt für Schritt eine Kreislaufwirtschaftslücke nach der anderen zu schließen.

Großes Potenzial sieht Puhm dabei in der Sammlung von Baureststoffen. Nachdem er vergangenes Jahr durch eine innovative Kombination von Recyclingkunststoffen den weltweit ersten Mineralwolle-Sammelsack aus Recyclingmaterial hergestellt hatte, widmete sich Puhm nun den Big Bags und der Verpackung von Asbest und Co. „Viele Unternehmen investieren eine Menge, um Abbruchmaterialien und Reststoffe zu sortieren und zu sammeln, doch verpackt werden diese dann wieder in Primärmaterial. Dieser Praxis wollen wir eine nachhaltige Alternative entgegenstellen“, betont der Niederösterreicher.

Herausforderung Vorsortierung

Um das möglich zu machen, war jedoch Pioniergeist gefragt. Die Herausforderung lag in der Vorsortierung des Grundmaterials, denn um aus gebrauchten wieder neue Big Bags herstellen zu können, benötigt man eine sehr hohe Qualität der Sekundärrohstoffe. Störstoffe müssen restlos entfernen werden. Zu beachten ist dabei, dass Big Bags häufig komplexes Füllgut beinhalten und zum Teil stark verschmutzt sein können. Auch gefährliche Materialien dürfen keinesfalls in den Big Bag verfüllt gewesen sein. Durchgängige Sortenreinheit ist daher bei der Herstellung etwa von Big Bags aus rPP-Rezyklat ein wichtiger Faktor.

Der diffizile Prozess in der Aufbereitung des Grundmaterials sei auch der Hauptgrund dafür, dass herkömmliche Verpackungen aus Primärkunststoff zumeist am Markt noch billiger zu erwerben seien als Big Bags aus europäischem Recyclingmaterial, so Puhm: „Im Sinne der Kreislaufwirtschaft sollten aber Argumente wie Nachhaltigkeit, kürzere Transportwege und Erhaltung der Wertschöpfung wichtiger sein als Kostenfaktoren.“

Lange wurde das Potenzial von Recyclingkunststoff-Verpackungen generell ver- nachlässigt, mit den aktuellen Gesetzesvorhaben steigt aber die Dringlichkeit für dieses Thema. So sieht etwa die im Entwurf vorliegende EU-Verpackungsverordnung unter anderem künftige Rezyklateinsatzquoten für Kunststoffverpackungen vor: Ab 2030 müssen diverse Sorten bereits einen Mindestanteil von 35 Prozent an Rezyklaten beinhalten, bis 2040 sollen diese Anteile dann sogar auf bis zu 65 Prozent steigen.

Auch in den Ende Juni neu veröffentlichten Kriterien der EU-Taxonomie-Verordnung tauchen konkrete Mindestrezyklatgehalte für Recyclingverpackungen auf: Einzelne Verpackungsarten müssen hier schon ab 2028 mindestens 65 Prozent Recyclingmaterial enthalten. In Österreich sind ähnliche gesetzliche Bestimmungen – etwa im Zusammenhang mit der Kreislaufwirtschaftsstrategie – zu erwarten, die Verpackungen aus Recyclingmaterial in allen Sektoren begünstigen werden.

Recyclingverpackungskreislauf

Diese legistischen Entwicklungen treiben auch große Player auf den Plan. Der Kunststoffmaschinen-Konzern Starlinger beispielsweise hat bereits angekündigt, sich dem Thema Recycling Big Bags verstärkt widmen zu wollen. Ein wegweisendes Projekt befinde sich bereits in den Startlöchern, gab das Wiener Unternehmen im Mai auf der interpack 2023 in Düsseldorf bekannt. „Geschlossene Kreisläufe für Kunststoffverpackungen stellen eine Voraussetzung dar, um nicht nur der Umweltbelastung und stetig wachsenden Müllbergen entgegenzuwirken, sondern auch grundlegend Ressourcen zu schonen“, so Angelika Huemer, geschäftsführende Gesellschafterin bei Starlinger & Co. „Da, wo sich solche Kreisläufe sinnvoll umsetzen lassen, sollte das so schnell wie möglich geschehen“, so Huemer. Schon seit einigen Jahren arbeitet Starlinger beispielsweise an Lösungen, um den Kreislauf für gewebte Kunststoffverpackungen zu schließen.

Für diesen Herbst kündigten nun unter

Einsatz von Starlinger-Anlagen die Big Bag-Hersteller LC Packaging, der PET-Recycler PRT (ein Mitglied der ALPLA Gruppe) sowie der kroatische Recycler Velebit gemeinsam einen geschlossenen Kreislauf für Big Bags aus Polypropylen (PP). Die Big Bags, die PRT sowohl für Transport und Lagerung der Eingangsware als auch des daraus produzierten rPET-Granulats verwendet, sollen von Velebit auf einer Starlinger-Recyclinganlage zu rPP-Granulat aufbereitet werden – so der Plan. Aus diesem stellt LC Packaging mit Neuware vermischtes Bändchengewebe her und konfektioniert daraus rPP-Big Bags, die anschließend wieder an PRT geliefert werden. Ein nachhaltiger Kreislauf, der sich über die gesamte Kunststoffverarbeitungskette zieht. Huemer betont, dass in diesem Einsatzbereich die Qualität der recycelten Materialen von maßgeblicher Bedeutung ist: „Wenn die Qualität des Rezyklats stimmt, sind hohe Rezyklatanteile in solchen Schwerlastverpackungen, die besonderen Anforderungen entsprechen müssen, problemlos möglich“, so Huemer.


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