Forschung Politik

ESA - Den Puls der Erde fühlen

Bild: ESA–Philippe Sebirot
ESA-Direktor Josef Aschbacher
Bild: ESA–Philippe Sebirot

Im Dezember stellt die European Space Agency (ESA) neue Projekte vor, allein für die Erdbeobachtung geht es um Mittel in Höhe von rund 1,7 Mrd. Euro. Der zuständige ESA-Direktor Josef Aschbacher ist vom Nutzen der Raumforschung überzeugt.

Mit einem Budget von rund 4,5 Mrd. Euro ist die ESA ein für europäische Verhältnisse großer Player, im Vergleich zur – freilich viel größeren NASA – aber doch kleiner. Wie finanzieren Sie sich?

Wir müssen für unsere Programme bei den Mitgliedsländern werben. Rund 80 Prozent der Gelder, die wir erhalten, sind optional, während die anderen 20 Prozent entsprechend des BIP des jeweiligen Landes finanziert wird. Je nach Programm werden sie auch unterschiedlich von den 22 Mitgliedsländern der ESA unterstützt und entsprechend variabel finanziert. Wir als ESA müssen also Programme definieren, die so attraktiv sind, dass möglichst viele Länder sich daran beteiligen und sie finanzieren.

Wie ist der Return on Investment für die Mitgliedsstaaten?

 Einfach gesagt: Von 100 Mio. Euro, die an die ESA gehen, müssen mindestens 84 Mio. Euro in ein Land als Aufträge zurückfließen, wobei wir uns immer 100 Prozent Rückfluss als Ziel setzen. Wir agieren langfristig und haben derzeit 30 Satelliten im Orderbuch, von denen viele erst in den nächsten 15-20 Jahren gestartet werden.

Inwieweit profitieren die Länder von der ESA-Mitgliedschaft?

Die große Chance ist, dass jedes Land sich am Wissen und der Technologieentwicklung beteiligen kann, das aus einem Projekt entsteht. Dieses Wissen, das ein Land allein nicht schaffen kann, fließt zurück in die Industrie, an die ESA-Partner und damit in die Gesamtwirtschaft.

Wie beurteilen Sie Österreichs Rolle in der ESA und in der Raumforschung?

Österreich ist in der internationalen Raumforschung relativ gut aufgestellt, beliebt und liefert gute Qualität. Das Land ist aufgrund des etwas höheren Lohnniveaus nicht ganz billig, aber die Arbeit ist exzellent. Vor allem im Bereich Datenzugriff hat Österreich hohe Kompetenz. Und das zahlt sich auch aus: Laut einer PwC-Studie fließen für jeden in der Erdbeobachtung investierten Euro 10 Euro an gesellschaftlichem Nutzen zurück. Beim Projekt Copernicus wurde dies erhoben. Firmen wie RUAG, Siemens, EOX, GeoVille, Enveo oder auch universitäre Forschungseinrichtungen profitieren davon in hohem Maße und stellen ihrerseits Top-Expertise zur Verfügung. Dieser Multiplikatoreffekt ist sehr wertvoll.

Wer sind die europäischen Top-Nationen in der Raumforschung?

An erster Stelle ist sicherlich Frankreich zu nennen, das historisch gesehen die größten Kapazitäten im gesamten Raunfahrtbereich entwickelt hat. Deutschland ist führend in der Erdbeobachtung, Italien wiederum bei der Satellitentechnologie. UK und Spanien sind in etwa gleichauf, wobei Spanien sich immer stärker als Weltraumnation positioniert, hier besonders in der Erdbeobachtung und in der Satellitentechnologie. Auch Belgien ist sehr stark.

Mit Elon Musk und SpaceX gibt es seit kurzem einen starken Mitbewerber für die ESA. Wie gehen Sie mit dieser Konkurrenz um?

ESA ist eine der wenigen Agenturen, die alle Weltraumforschungsbereiche abdeckt – von der bemannten Raumfahrt über Raketentechnologie bis zur Erdbeobachtung. Arianespace ist derzeit für mehr als 50 Prozent der kommerziellen Raketenstarts verantwortlich, wenn gleich hier durch SpaceX von Elon Musk eine starke und günstigere Konkurrenz entsteht. Ein Raketenstart der Ariane 5 kostet an die 150 Mio. Euro – Musk verlangt dafür knapp zwei Drittel. Er skaliert anders in seinen Beschaffungsprozessen, bietet auch niedrigere Preise außerhalb der USA an, um den Markt zu erobern, und natürlich hat die ESA auch eine historisch gewachsene Struktur, die man adaptieren muss.

Das zentrale Thema von Musk ist neben dem Preis auch die Wiederverwertbarkeit der Raketen, auch wenn sein Konzept noch nicht voll ausgereift ist. Wie weit ist ESA hier?

Re-Entry ist tatsächlich das zentrale Thema, hier hat Europa noch Aufholbedarf. Um die Kosten der europäischen Raketenstarts zu senken, wurde ein neues Konsortium, Airbus Safran Launchers (ASL) aufgestellt, das mit schlankeren Managementstrukturen agiert und Hauptauftragnehmer der künftigen Rakete Ariane 6 ist.

Wozu brauchen wir eigentlich Ihren Forschungsbereich, die Erdbeobachtung? Was ist der gesellschaftliche Nutzen?

In meinem Verantwortungsbereich, der Erdbeobachtung, fließen rund 30 Prozent der ESA Budgets ein. Es ist der größte Einzelbereich und hat eine gewisse prioritäre Bedeutung. Wir beobachten mit unseren Satelliten die Erdoberfläche, Ozeanoberflächen, Atmosphäre, Pole und einiges mehr, um die Funktionen der Erde als Gesamtsystem zu erfassen und zu verstehen. Das sind wichtige Quellen für noch genauere Klimaparameter und die Messung der Auswirkungen von Meeresströmungen, landwirtschaftlicher Produktion, Abholzung etc.

Wir wissen aus der Gegenwart und lernen aus der Vergangenheit: Mangel führt zu Krisen. Aus unseren Daten lassen sich Modelle erstellen, zeigen, wie sich Migration, Treibhausgase, Klima oder Landwirtschaft beispielsweise auf die Ernährung kommender Generationen auswirken. Es ist also ein proaktives Management der Zukunft der Menschheit, das wir hier begründen und die dafür notwendigen Daten und Information über unseren Planeten Erde liefern.


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