Gemeinsam ist man stärker. Das trifft besonders auch bei der Suche nach Lösungen für große Herausforderungen wie die Eindämmung der Klimaerwärmung oder der digitalen Transformation zu. Mit der Schaffung der Important Projects of Common European Interest (IPCEI) hat die Europäische Union ein Instrument für große wichtige strategische Projekte geschaffen. Durch das Bündeln des Wissens in wichtigen Bereichen wie der Digitalisierung oder der grünen Transformation, das gezielte Zusammenführen von Forscher*innen und Wirtschaftsbeteiligten des europäischen Wirtschaftsraums sowie die Nutzung europäischer, nationaler und privater Finanzierungsquellen lassen sich große Vorhaben meistern.
Da es sich hier um gemeinsame Projekte für ganz Europa handelt, die den europäischen Zielen verpflichtet sind, können beträchtliche öffentliche Fördermittel der EU und der beteiligten Staaten für Unternehmen und Forschungsinstitutionen bereitgestellt werden, ohne gegen Wettbewerbsregeln zu verstoßen.
Hochkarätige Forschung
Das Ziel ist klar: Hochkarätige Forschung an aktuell wichtigen Aufgaben sowie die Umsetzung der Forschungsergebnisse in Produkte und Lösungen sollen Europas Wertschöpfungsketten verbessern, die Resilienz erhöhen und Europas Wettbewerbsfähigkeit stärken. Davon profitiert sowohl die Wirtschaft als auch die Gesellschaft. Es werden hochwertige Arbeitsplätze geschaffen, die grüne und digitale Transformation beschleunigt und der Lebensstandard verbessert.
Die in den groß angelegten Projekten erarbeiteten Ergebnisse sollen dabei einer möglichst breiten Gruppe dienen. Ein wichtiger Punkt bei den IPCEI-Projekten sind auch weitreichende Spill-Over-Aktivitäten, damit die gewonnenen Erkenntnisse und Ergebnisse einem möglichst breiten Adressatinnen- und Adressatenkreis in Europa auch über den jeweiligen Sektor hinaus nähergebracht wird.
Forschung und Infrastruktur
Das IPCEI-Programm dient insbesondere den sogenannten RDI & FID-Vorhaben (Research, Development and Innovation & First Industrial Development). Diese umfassen von der industriellen Forschung über die experimentelle Entwicklung wesentlich verbesserter Produkte, Produktionsverfahren oder Dienstleistungen bis hin zu Prototypen, Pilot- oder Demonstrationsanlagen und Versuchsanlagen sowie Investitionen in die Forschungsinfrastruktur den ganzen Entwicklungsprozess bis zur Kommerzialisierung. Vorgesehen sind auch Förderungen in die Umwelt-, Energie-, Gesundheits-, Digital- und Verkehrsinfrastruktur. Die Mehrheit der genehmigten Vorhaben sind allerdings F&E-IPCEI.
Österreichs Beitrag
In Summe hat die Europäische Kommission seit dem Erlass der ersten IPCEI-Mitteilung im Jahr 2014 insgesamt sechs IPCEI-Förderungen vom Typ eines RDI & FID-Vorhabens genehmigt. Österreich ist aktuell an fünf davon im Bereich Mikroelektronik, Batterien sowie Wasserstoff beteiligt und investiert knapp 500 Millionen Euro an staatlichen Beihilfen zur zielgerichteten Erreichung der in den IPCEI festgelegten Ziele.
Bevor sich Unternehmen und Forschungsinstitutionen an einem IPCEI anmelden können, werden auf nationaler Ebene zuerst Bedarf, Potenziale und auch die Chancen der Teilnahme an den großen europäischen Programmen ermittelt. Nachdem die politische Entscheidung zur Teilnahme gefallen ist, werden die eingereichten Projekte von einer Jury geprüft, ausgewählt und zur beihilferechtlichen Voranmeldung des Projektes (Pränotifizierung) der Europäischen Kommission übermittelt. Nach mehreren Befragungsrunden und einer intensiven Begutachtung der Projekte in technischer und finanzieller Hinsicht folgt die Genehmigung durch die Kommission. Erst dann wird eine nationale Förderentscheidung getroffen und die Projekte über die gemeinsame Abwicklungsstelle (in Österreich aws und FFG) abgewickelt.
Eines haben alle österreichischen Teilprojekte an den großen IPCEI-Vorhaben gemein: Sie liefern konkrete Beiträge zur Umsetzung der Twin Transition, also der grünen und digitalen Transformation, schaffen Arbeitsplätze, generieren nachhaltige Wertschöpfung und tragen dazu bei, international anerkannte Expertise in den Forschungsfeldern aufzubauen. Damit wird zugleich der Forschungs- und Innovationsstandort gestärkt und ein Beitrag zur Resilienz und strategischen Autonomie Europas geleistet.
Die Projekte
IPCEI European Battery Innovation (Eu-BatIn): An dem im Jänner 2021 von der Europäischen Kommission genehmigten IPCEI sind 42 Unternehmen aus zwölf EU-Staaten beteiligt. Von privater Seite werden neun Mrd. Euro investiert, die Mitgliedstaaten haben Förderungen in der Höhe von 2,9 Mrd. Euro genehmigt. Das Ziel ist, eine wettbewerbsfähige, innovative und nachhaltige Batterie-Wertschöpfungskette aufzubauen. Beteiligt sind die österreichischen Unternehmen AVL, Borealis, Miba, Rosendahl Nextrom, Miba Battery Systems und Varta Micro Innovation. Die österreichischen Projekte beschäftigen sie mit Qualitätsverbesserun- gen in der Produktion, der Entwicklung hochwertiger Batteriegehäuse und Sepa- ratorfolien, einem besseren Thermomanagement oder der Erhöhung der Energiedichte. Das BMK stellt Beihilfen in der maximalen Höhe von 45 Mio. Euro bereit.
IPCEI Mikroelektronik I (ME I): Das IPCEI Mikroelektronik I wurde bereits im De- zember 2018 genehmigt. Österreich trat im März 2021 als fünftes Mitglied bei. Insgesamt sind nun 30 Unternehmen und zwei Forschungseinrichtungen aus fünf Ländern beteiligt. Das Ziel ist die Förderung innovativer Technologien und Komponenten insbesondere in den fünf Technologiefeldern energieeffiziente Chips, Leistungshalbleiter, intelligente Sensoren, fortgeschrittene optische Geräte und Verbundwerkstoffe. Die Beihilfensumme liegt bei 1,9 Mrd. Euro. In Österreich werden die drei beteiligten Unternehmen AT&S, Infineon Austria und NXP Semiconductors Austria mit bis zu 146,5 Millionen Euro gefördert, um an verbesserte elektronische Verbindungstechnologien, neue Fertigungstechnologien in der Leistungselekrtronik sowie Hardwarebasierte Lösungen für sichere Implementierungen von energieeffizienten Chip-Plattformen für smarte Zutrittslösungen zu gelangen.
IPCEI Mikroelektronik und Kommunikationstechnologien (Mikroelektronik II): An dem im Juni 2023 genehmigten IPCEI sind 100 Partner aus 19 europäischen Staaten beteiligt, sechs davon aus Österreich. Es erweitert das erste IPCEI zu Mikroelektronik mit dem Ziel, das gesamte Ökosystem einzubeziehen und speziell Lösungen für die aktuellen Versorgungsengpässe zu finden. Österreich ist mit fünf direkten und einem assoziierten Partner mit Mitteln aus dem Europäischen Wiederaufbaufonds sowie zusätzlichen nationalen Mitteln beteiligt.
IPCEI Wasserstoff (IPCEI H2): Hier ist Österreich gleich an zwei IPCEI mit den sechs Unternehmen AVL List, LAT Nitrogen Linz, Christof Systems, Plastic Omnium New Energies Wels, Robert Bosch und Verbund beteiligt. IPCEI H2 Technology (Hy2Tech) zielt auf die Entwicklung von Wasserstoff-Technologien. IPCEI H2 Industry (Hy2Use) beschäftigt sich mit der Dekarbonisierung der Industrie. AVL und Christof Systems tragen hier beispielsweise mit der Entwicklung des weltweit ersten 1-MW-Hochtemperaturelektrolyseurs auf Basis metallgestützter Zellen bei.
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