Wirtschaft
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Podiumsdiskussion zum GEM-Report: (vlnr.) Eva Landrichtinger (BMAW), Amelie Groß (WKO), Holy Pit-Gründer Asmir Samardzic, Lithoz CEO Johannes Homa, Claudia Falkinger (Vertreterin des Start-up-Beirats des BMAW) und aws-Sprecher Matthias Bischofird.
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Gründen, um die Welt zu retten

Der österreichischen Gründerszene wird im neuen „Global Entrepreneurship Monitor“ ein gutes Zeugnis ausgestellt. Die pandemiebedingte Delle ist fast wieder ausgemerzt.

von: Norbert Regitnig-Tillian

Gründer und Gründerinnen haben etwas zu erzählen und viele haben auch schon viel miterlebt. Höhen und Tiefen bei der Investorensuche, Rückschläge bei der Produktentwicklung oder beim Markteintritt, und dazu die Auseinandersetzung mit vielen neuen Wissens-Sphären. Denn nicht alle starten als Entrepreneure, sondern haben als Forscher oder Forscherinnen begonnen – und dann steht plötzlich Firmenaufbau, Investoren- und Personalsuche sowie Leadership am Programm, um die eigene Idee erfolgreich in den Markt zu bringen. „Das kann einen durchaus fordern und überfordern“, sagt Johannes Homa, der 2008 Lithoz gegründet hat, ein Spin-off der Technischen Universität Wien, das Keramikelemente für Knochen, Zähne oder Satellitenbauteile im 3D-Druck herstellt, „ich war zuerst eher Ingenieur als Entrepreneur und hatte viel zu lernen.“

Allerdings: Gründern gehe es in Österreich, so Homa, eigentlich recht gut. Zumindest was die Förderlandschaft betrifft. „Ich war eigentlich in jeder Unternehmensphase gut betreut“, sagt Homa. Heute ist er mit Lithoz Weltmarktführer im Keramik-3D-Druck und hat selbst schon Start-ups ausgegründet oder ist bei ihnen eingestiegen.

Global Entrepreneurship Monitor

Homas Erfahrungen spiegeln sich auch im Global Entrepreneurship Monitor, kurz GEM genannt, wider. An dieser größten internationalen Vergleichsstudie zum Unternehmertum nimmt Österreich bereits seit 2012 teil. Die heimischen Daten werden dabei von der FH Joanneum erhoben. Die Ergebnisse gelten als eine Art Kompass für die Fördertätigkeit öffentlicher Stellen. Sein Erscheinen wird daher von einer breiten Palette an Förderinstitutionen unterstützt, darunter das Klimaministerium, das Ministerium für Arbeit und Wirtschaft, die Wirtschaftskammer Österreich, die FFG sowie die aws Austria Wirtschafts Service.

Der GEM-Report 2023 zeigt durchaus Erfreuliches: Die Delle der Pandemie sei schon wieder so gut wie ausgebügelt, die Gründungsdynamik nehme wieder an Fahrt auf. Die Bevölkerung sehe insgesamt positiver in die Zukunft und fast jede/r Zweite könnte sich eine Unternehmensgründung als eine erstrebenswerte Karriereoption vorstellen. Was die Gründerunterstützenden besonders freut: Bei staatlichen Förderprogrammen zur Unternehmensgründung nimmt Österreich international im aktuellen GEM-Report sogar den ersten Rang ein.

Mehr Frauen gründen

Während die Gründungsdynamik in Österreich in Summe nur langsam zunimmt, gibt es dafür nun deutlich mehr Frauen, die ein Unternehmen gründen wollen. „Der Frauenanteil steigt erfreulicherweise auf 44,8 Prozent. Es gibt jedoch noch viel zu tun, denn der Frauenanteil geht mit der Technologieintensität des Unternehmens stark zurück und 28,7 Prozent der Gründungsteams sind noch immer rein männlich“, sagt Amelie Groß, Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer Österreich. Generell ist bei unternehmerischen Aktivitäten ein hoher Bildungsgrad ein wichtiger Faktor. Verbesserungsbedarf gibt es zudem im Bereich Entrepreneurship-Education, und zwar vor allem in Schulen und der Berufsbildung.

In der Gesamtbewertung des unternehmerischen Ökosystems liegt Österreich sowohl im europäischen als auch im internationalen Vergleich erneut im Mittelfeld. „Das deutet auf eine gewisse Resilienz des heimischen Ökosystems hin, insbesondere aufgrund der schwierigen Rahmenbedingungen“, sagt Christian Friedl, GEM-Studienleiter für Österreich und Professor am FH Joanneum in Graz.

Mangelware Geldgeber

Der GEM-Report spiegelt auch Österreichs spezielle Problematik bei der Suche nach privaten Geldgebern wider. 2022 gaben laut GEM-Report 80 Prozent aller europäischen Start-ups an, Schwierigkeiten bei der Investorensuche zu haben. In Österreich sei die Suche nach risikofreudigem Kapital aber noch schwieriger. Laut aktuellem Report zeigten sich die ohnehin schon sehr risikoaversen Banken aktuell bei der Start-up-Risikofinanzierung noch zurückhaltender. Private Kapitalgeber, wie die berühmten Business Angels, gebe es zwar, die Szene sei aber überschaubar. 2023 soll es aber etwas besser werden. Bei Private-Equity-Investierenden scheinen sich die Investitionsbudgets wieder zu füllen, so der GEM-Report.

Familie und Crowdfunding

In die klaffende Finanzierungslücken dürfte nun jedenfalls neben öffentlichen Fördergebern vermehrt auch die Gruppe der „informellen Investoren“ springen – etwa Familienangehörige und Freunde oder „Fremde“ als Investoren aus der „Crowd“. Via Crowdfunding, das bei der Kapitalakquise immer mehr an Bedeutung gewonnen hat, macht die Gruppe der Fremden bereits einen Anteil von 23,3 Prozent unter den informellen Geldgebern aus. Knapp ein Drittel der informellen Geldgeber kommt aber immer noch aus der Gruppe „nahe Familienangehörige“, gefolgt von „Freudinnen, Freunde, Nachbarn und Nachbarinnen“ (26,1 Prozent). Insgesamt ist die Gruppe der „informellen Investoren“ in den letzten Jahren stark gewachsen. Ihr Anteil an der erwerbsfähigen Bevölkerung betrug 2022 7,7 Prozent. Damit legten die informellen Geldgeber als Investorengruppe im Ver- gleichszeitraum von 2012 bis 2018 um 2,5 Prozentpunkte zu.

Gründen fürs „Gute“

Erstmals explizit erhoben wurden in diesem Jahr auch die Gründungsmotive. Neben der Absicht, finanziell durchzustarten, komme dabei immer mehr auch „das Gute“ mit ins Spiel: So gaben fast 40 Prozent aller befragten Jungunternehmerinnen und -unternehmer an, ihr Unternehmen gegründet zu haben, um die Welt zu verbessern. Dabei seien, wie bei der Präsentation des neuen GEM-Berichts betont wurde, solche „Impact Start-ups“ nicht nur als technologieintensive Spin-offs aus der universitären Forschung zu verstehen.

Das zeigt beispielsweise das 2020 gegründete Wiener Start-up „Holy Pit“, gegründet von einem Team rund um Asmir Samardzic. Holy Pit, das wörtlich übersetzt so viel wie „Heilige Achselhöhle“ bedeutet, setzt dabei auf Entwicklung eines Nachfüllsystems für Deo-Sticks. Damit sollen Einweg-Verpackungen vermieden und somit ein wertvoller Beitrag für die Müllvermeidung geleistet werden. Die Refill-Deos kommen ohne Aluminium, Mikroplastik & Co aus und werden über Kartuschen aus Papier wieder befüllt. Mittlerweile, so Samardizic, habe man bereits mehr als 130.000 Stück verkauft. 80 Prozent davon in Deutschland. „Das ist ein Etappensieg“, so der „Gute“ Gründer.

Weitere Informationen unter:
gem.fh-joanneum.at

Lesen Sie den ungekürzten Artikel ab Seite 12 der aktuellen Ausgabe 3-23 oder am Austria Kiosk!


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