Tirol
Tirol zählt mit einer Forschungsquote von 3,14 Prozent des Bruttoinlandsproduktes – rund eine Milliarde Euro fließen in die Forschung – zu den innovativsten Regionen in Europa und sorgt besonders mit seinen bahnbrechenden Forschungsergebnissen in Bereichen wie der Quantenphysik – in Innsbruck ist das international renommierte Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften angesiedelt – oder auch in der molekularen Medizin für internationale Aufmerksamkeit. Hierzu tragen besonders die Universität Innsbruck und die Medizinische Universität bei (siehe oben). Mit der Privaten Universität für Gesundheitswissenschaften, Medizinische Informatik und Technik GmbH (UMIT), die auch neben dem Haupteigentümer der Tirol Kliniken GmbH Miteigentümerin und Partnerin für die Lehre und Forschung der Fachhochschule FH Gesundheit ist, gibt es noch eine dritte Universität in Tirol. Weiters bietet das Land sechs Christian-Doppler-Labors und 23 Kompetenzzentren. Wichtige Institutionen besonders im Bereich der angewandte Forschung sind die Fachhochschule Kufstein, die FH Gesundheit in Innsbruck sowie das MCI Managament Center Innsbruck.
Eine zentrale Rolle spielt in Tirol der stark wachsende Life Science-Sektor besonders in den Bereichen Medizintechnik, Pharma, Biotechnologie und Chemie. Hier arbeiten rund 11.000 Beschäftigte in der Wirtschaft und Wissenschaft, die einen Umsatz von 2,25 Milliarden Euro erzielen. Stärkefelder wie diese werden deshalb in der Forschungsstrategie des Landes besonders gefördert.
Schon allein wegen der geografischen Lage ist Tirol zugleich ein Hotspot im Bereich alpiner Forschung und Technologien etwa mit der Alpinen Forschungsstelle Obergurgl oder dem ÖAW Institut für Gebirgsforschung. Weiters wurde im Gründer- und Unternehmenszentrum Werkstätte Wattens, in dem rund 60 Unternehmen tätig sind, im Oktober 2019 der „Alpine Tech Innovation Hub“ eröffnet, um Technologien und Geschäftsmodelle nachhaltig weiterzuentwickeln, zu digitalisieren und global umzusetzen.
Wasserstoffvorzeigeregion
Das im Dezember 2020 gestartete F&E-Leuchtturmprojekt HyWest, das vom Klima- und Energiefonds mit neun Mio. Euro gefördert wird, will wiederum den musterhaften Aufbau einer weitgehend autonomen regionalen grünen Wasserstoffwirtschaft von der Erzeugung über die Speicherung bis hin zur Anwendung demonstrieren. An dem Projekt sind zahlreiche Partner wie etwa die Innsbrucker Strategie- und Projektentwicklungsgesellschaft FEN Sustain Systems, der Lebensmittelhersteller und Nahversorger MPREIS, die Zillertaler Verkehrsbetriebe, die TIWAG-Tiroler Wasserkraft, die TIGAS-Erdgas Tirol, HyCentA Research, das Energieinstitut der Johannes Kepler Universität Linz und die WIVA P&G – Wasserstoffinitiative Vorzeigeregion Austria Power & Gas beteiligt.
Tirol beherbergt auch einige große, internationale Unternehmen, die stark in F&E investieren. Dazu zählen etwa Österreichs größte Familienbetriebe wie die Swarovski Gruppe, die auf Kristallglas, Optiken und Schleifmittel spezialisiert ist, sowie die auf Holz spezialisierte Fritz Egger GmbH & Co. OG. Ein weiterer privater Weltmarktführer ist die Plansee Gruppe, die ihr Geschäft mit der pulvermetallurgischen Herstellung von Werkstoffen macht.
Neue Forschungsstrategie
„Die Wirtschafts-, Technologie-, Forschungs- und Innovationspolitik des Landes Tirol hat die Zielsetzung, die nachhaltige wirtschaftliche Dynamik und Beschäftigung in Tirol zu sichern und weiterzuentwickeln“, sagt Tirols Wirtschaftslandesrätin Patrizia Zoller-Frischauf. Für eine Neuausrichtung hat die Tiroler Landesregierung am 19. Jänner 2021 beschlossen, anstelle der bisher geltenden Strategiepapiere „Wirtschaftsleitbild Tirol 2011“ und „Tiroler Forschungs- und Innovationsstrategie 2013“ eine umfassende Strategie zu erarbeiten, um den mittlerweile thematischen und institutionellen Überschneidungen in den meisten Handlungsfeldern sowie den EU-Vorgaben gerecht zu werden. Damit soll eine klare Orientierung für alle im Tiroler Wirtschafts- und FTI-System tätigen Akteure geboten und auch die Auswirkungen der Covid19-Pandemie berücksichtigt werden. Mit ihren Forschungsinitiativen und innovativen Unternehmen steht Tirol im Innovationsindex 2019/2020 der niederländischen Bank ING zur Entwicklung der Innovationskraft in der Eurozone auf Platz zwei hinter der Bundehauptstadt Wien. Insbesondere eine hohe Flexibilität, vergleichsweise viele selbstständig beschäftigte Personen und die gute Internetversorgung der Haushalte wurde hervorgehoben.
Initiativen für 2021
Im Rahmen des Förderungsprogrammes Regionale Kompetenzzentren (K-Regio) fördert das Land Tirol Forschungsprojekte mit hohem Entwicklungsrisiko von Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft mit rund 4,6 Millionen Euro. Damit sollen bis zu fünf neue Projekte in den Bereichen Umwelt- und Klimatechnologie sowie mit den Themen Gesundheit und Digitalisierung gefördert werden. In Summe wurden seit dem Start des K-Regio-Programms im Jahr 2008 Projekte von 105 Tiroler Unternehmen und 145 heimischen Forschungsgruppen mit insgesamt rund 18,2 Millionen Euro gefördert.
Aktuell steht der Aufbau des „Health Hub Tirol“ als Zentrum für Innovationen im medizinischen Sektor am Programm, der neben speziellen Förderprogrammen und einem Investorennetzwerk auch Laborräumlichkeiten und den Zugang zu wissenschaftlichen Einrichtungen bietet. „Mit dem Health Hub Tirol setzten wir einen erweiterten Schwerpunkt auf den Gesundheitsbereich in Wirtschaft und Wissenschaft, auch in Reaktion auf die Coronakrise“, so Zoller-Frischauf. Ziel ist nicht nur die Unterstützung bei der Gründung von Life Science Unternehmen, sondern auch die Ansiedlung neuer Unternehmen.
Digitalisierung im Westen
Schon länger ein zentrales Thema ist für die ganze Region Tirol, Salzburg und Vorarlberg die Digitalisierung. In Tirol wurden beispielsweise in die Digitalisierungsoffensive mitsamt dem Breitbandausbau schon rund 150 Millionen Euro investiert. „Wir nehmen viel Geld in die Hand, um die Tiroler Wirtschaft fit für das digitale Zeitalter zu machen“, so die Wirtschaftslandesrätin. Über 99 Prozent der Tiroler Betriebe sind Klein- und Mittelunternehmen, die entsprechende Unterstützung benötigen. Mit „digital.tirol“ wurde zudem eine zentrale Plattform geschaffen, auf der alle wichtigen Informationen zu den Digitalisierungsleistungen der Tirol Holding, der IV Tirol, der WK Tirol, des Fachverbands Unternehmensberatung, Buchhaltung und IT (UBIT) und der Standortagentur Tirol inklusive Fördermöglichkeiten zusammenlaufen.
Als eines der Highlights im Krisenjahr 2020 zählt das Projekt Digital Innovation Hub West, das als Ergänzung zur Digitalisierungsoffensive des Landes und der Plattform tirol.digital dient. Das Ziel ist, das vielseitige Wissen der Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Sachen Digitalisierung den KMU gebündelt zur Verfügung zu stellen, wozu sich 13 Partner der „Westachse“ Tirol, Salzburg und Vorarlberg zusammengefunden haben. In Innsbruck, Kufstein, Salzburg und Dornbirn wurden eigene Digitalzentren aufgebaut. Das DIH West soll zudem eine Stärkung der überregionalen und nationalen Sichtbarkeit der Digitalisierungskompetenz in Westösterreich bringen. „Es kann dies auch ein Ausgangspunkt für zukünftige internationale Kooperationen im Bereich Digitalisierung sein und bei der Einwerbung von EU-Fördergeldern Vorteile bringen“, so Wirtschaftslandesrätin Zoller-Frischauf.
Fachhochschule Kufstein Tirol
Als wichtiger Partner für die angewandte Forschung und Zentrum zur Ausbildung von Fachkräften hat sich die FH Kufstein mit ihren rund 2.200 Studierenden etabliert, die aus 50 Nationen stammen. Das Ziel ist hier vor allem der Transfer von Forschungsergebnissen sowie die enge Kooperation mit der Wirtschaft. Als Forschungsschwerpunkt wurde „Mensch & Digitalisierung“ gewählt. Themen sind etwa Service Design und Customer Experience, Smart Products, Web-based & mobile Systems oder auch Strategic Management. So werden etwa im INTERREG-Kleinprojekt LiDAR Windmessung Nussdorf-Erl zusammen mit der TH Rosenheim die hier ungewöhnlichen Windverhältnisse erfasst oder auch die Digitalisierung in der Region Lienz wissenschaftlich begleitet, wozu gleich fünf Studiengänge ihre Expertise insbesondere im Bereich Sensorik einbringen. Für ein Drohnenforschungsprojekt zur Weiterentwicklung der automatisierten Mobilität in der Region Kufstein konnte das Team der FH Kufstein für ein neuartiges multimodales 3D- Korridor-Datenmodell, das Drohen in Echtzeit etwa auch Flugverbotszonen liefert, einen Preis bei der Austria Challenge des Galileo Masters 2020 erlangen. Im April 2021 startet an der FH Kufstein Tirol auch ein neues Smart Factory Projekt.