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MaaS-geschneiderte Mobilität: Bitte warten!

Wie können Menschen von der Öffi-Nutzung überzeugt werden? Im Pilotprojekt Ultimob testen Verkehrsplaner und Geodatenwissenschaftler verschiedene Ansätze, darunter auch die Entwicklung einer HandyApp für klimafreundliche Mobilität – mit unterschiedlichem Erfolg.

von: Norbert Regitnig-Tillian

Mobility as a Service (MaaS) ist eine schöne Idee. Man drückt am Handy auf eine App, sagt, dass man von A („Mein Standort“) nach B („Sölden“) will und schon wirft das Handy ein Möglichkeit aus – plus Ticketkauf, vorrangig zum Öffi-Tarif. Ohne lange Wartezeiten beim Umsteigen, inklusive private Zubringerdienste, auch für die letzte Meile.  Ein Reiseangebot von Tür zu Tür, so gut geschnürt wie von einem einzigen Anbieter von bester Qualität.

Per Handy-App

Ein eigenes Auto? Ein Zweitauto? Wozu? Man hat ja die Handy-App. Diese Idee eines inklusives digitalen Mobilitätsservices ist eine von mehreren Ideen, die bei dem Projekt „Ultimob“, ein von der Österreichischen Forschungsgesellschaft FFG und dem Klimaministerium mit fünf Millionen Euro geförderten Mobilitätsprojekt, auf Umsetzung abgetestet werden. In dem seit zwei Jahren laufenden Projekt geht man prinzipiell der Frage nach, wie Menschen in Österreich dazu bewegt werden könnten, statt dem Auto Bus, Bahn, oder Fahrrad zu nutzen.

Vier Pilotregionen
In vier Pilotregionen (Bahnhof Tullnerfeld, Salzburg, Feldkirchen bei Graz und im Ötztal) versucht man dafür neue innovative Mobilitäts-Ideen, die dann für den Einsatz „in der Fläche“ genützt werden können. Die Erfahrungen, die man bis jetzt gesammelt hat, sind durchwachsen, sagt Alexander Neumann vom Forschungs- und Consulting-Büro netwiss, einer der Ultimob-Projektleiter. Positiv überrascht sei man etwa über die parteiübergreifende Zusammenarbeit in der Gemeinde Feldkirchen bei Graz gewesen, wo alle bei deren Entwicklung etwa von Begegnungszonen an einem Strang ziehen. Auch in Salzburg gibt es interessante Weiterentwicklungen von innovativen Mobilitätsangeboten, nicht zuletzt durch den Einsatz von Tools aus der Geodatenwissenschaft. Herausfordernd gestaltete sich allerdings die Entwicklung einer Mobility-as-a-Service-App. „Da wurden Innovationsbarrieren sichtbar“, sagt Projektleiter Neumann. Denn auch wenn man sich von Anfang an internationale Expertise von „MaaS global“ mit an Bord holte, dem ersten Betreiber einer „MaaS“-App aus Finnland, zeigte sich bald eines: Mit einer App allein kommt niemand von A nach B. Da braucht es auch eine physische Hinterlegung. Sprich: Es braucht Verkehrsverbünde, die zusammenarbeiten wollen und Taxi- und Mietwagen-Unternehmen, die eingebunden werden wollen. Die Verhandlungen mit Anbietern von Fahrdienstleistungen gestalteten sich aber mitunter wegen rechtlicher und bürokratischer Fragen schwierig. Große Carsharing- und Mietwagen-Unternehmen zweifelten etwa an Gewinnchancen für ihre Geschäftsmodelle außerhalb des Ballungszentrums Wiens. Und bei kleinen Taxi-Unternehmen in den Pilotregionen gab es mitunter noch Digitalisierungshürden. „Nicht wenige arbeiten bestenfalls mit Excel-Tabellen. Viele winkten ab, wenn sie von einer nötigen Definition digitaler Schnittstellenstandards hörten, “ sagt Neumann.

Analyse des Öffi-Angebots
Während eine MaaS-App also noch auf sich warten lässt, konnte in Ultimob aber auch gezeigt werden, dass die Geodatenwissenschaft gute Grundlagen für die Mobilitätsplanung liefern kann. Wie das funktioniert, zeigte Thomas Prinz. Der Geograph und Geodatenwissenschaftler forscht an der Paris-Lodron-Universität Salzburg (IDA Lab) und leitet das Research Studio iSPACE. Im Rahmen von Ultimob analysierte er nicht nur die Pendlerströme nach Salzburg, sondern optimierte auch Datentools, mit denen Regionen, Städte und Gemeinden ihr Öffi-Angebot nun fast schon automatisiert, quasi „auf Knopfdruck“, analysieren lassen können. „Theoretisch kann das jetzt jede Gemeinde nutzen.“

Der Hintergrund dafür: Prinz verknüpft räumliche Statistikdaten, Ab- und Ankunftszeiten von Bussen, Zügen und Flugzeugen mit Haltestellendaten, Einwohnerzahlen und Bettenkapazitäten. Mit seinen Data-Science-Methoden kann Prinz aus diesen statistischen Basisdaten dann bunte Landkarten generieren (siehe Grafik unten), die die starken und schwachen Seiten des jeweiligen regionalen oder lokalen Öffi-Angebotes sichtbar machen: In den grünen Zonen – meist entlang von Bahn- und Buslinien – funktioniert das öffentliche Mobilitätsangebot, in den gelben – schon ein wenig abseits gelegenen Orten – wird’s schon schwierig mit der Öffi-Nutzung, und in den roten Zonen hilft fürs Pendeln und Einkaufen nur noch das Auto. Außer man hat viel Zeit, ist gut bei Fuß und hat keine Termine.

Mobilitätszonen
Nach dieser Vorgangsweise hat Prinz auch die Mikro-ÖV der Salzburger Gemeinde Leogang analysiert. „Theoretisch kann das aber jetzt jede Gemeinde nutzen.“ In den Ultimob-Anwendungsfall bezog Prinz auch touristische Poten-ziale und die Kapazität an Gästebetten ein, mit Belegzahlen, übers Jahr verteilt. Das Ergebnis: Es gibt auch in Leogang einige rote Zonen, in denen Einheimische wie Gäste ein Auto benötigen. Um die Lücken zwischen roten, gelben und grünen Mobilitätzonen zu schließen, wurde in Kooperation mit der Gemeinde und dem Salzburger Verkehrsverbund ein flexibles Shuttle-Service ausgearbeitet. Seit September ist das „Loigom“-Shuttle schon im Einsatz und bietet auch ein attraktives Angebot für Touristen. Zwei E-Kleinbusse fahren nun, nur bei Bedarf und ohne festen Fahrplan, gut 30 Haltestellen an, die Prinz aus dem Datenmaterial herausdestilliert hat. Die ersten Erfahrungen, heißt es, seien durchwegs positiv. Großer Pluspunkt: Die Fahrgäste zahlen keine Taxipreise sondern Öffi-Tarife.
Gezeigt hat Ulitmob auch, dass die Weiterentwicklung des öffentlichen Verkehrs an tagesaktuellen Problemen haken kann. So habe man in der Ultimob-Pilotregion Bahnhof Tullnerfeld bereits Konzepte für Expressbus- und Zubringer-Linien ausgearbeitet, um Alternativen fürs Einpendeln zum Bahnhof mit dem Auto anbieten zu können. Allein die Busse lassen auf sich warten. „Es gibt Lieferketten-Probleme bei den Bus-Lieferanten“, sagt Ultimob-Projektleiter Neumann. Jetzt habe man aber einen alternativen Anbieter gefunden. „Ab Jänner 2023 wird ein einjähriger Testbetrieb aufgenommen.“ Das Ultimob-Projekt wird daher bis 2024 verlängert.

Flughafen 4.0
In Salzburg arbeitet man indes schon an einem Nachfolgeprojekt von Ultimob. In „Flughafen 4.0“, ein in die Wissenschaftsstrategie des Landes Salzburg eingebettetes Projekt, untersucht Geodatenwissenschaftler Prinz die Verkehrsverflechtung des Salzburger Flughafens. Erste Analysen zeigten schon ein besonderes Problem: „Der stärkste Reisetag ist der Samstag, an dem wird der Flughafen im Winter an Spitzentagen durchschnittlich von 20.000 Fluggästen frequentiert.“ An Samstagen aber fahren Salzburger Busse und Regionalzüge im Feiertags- und Wochenendmodus, sprich: weniger Fahrten, mit größeren Intervallen. Das soll sich jetzt ändern. Flughafenbetreiber, Stadt und Land Salzburg sowie Verkehrsverbund wollen den Flughafen nun besser per Öffentlichen Verkehr erreichbar machen. „Da arbeiten wir auch grenzüberschreitend mit Bayern zusammen“, sagt Prinz. Und weil das Quartier rund um den Flughafen auch für Einheimische fürs Arbeiten und Wohnen attraktiv ist, soll der Flughafen gleich zu einem multifunktionalen Verkehrsknoten werden, wo man sich auch Räder ausborgen und E-Autos aufladen kann. Ziel ist die Optimierung von durchgehenden Wegeketten für die Reisenden, um den Verkehr in die Regionen nachhaltig zu bündeln.

 


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