02/2024 News mittlere Spalte
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Lebendige Geschichte: zeitgemäße Pläne für die Van-der-Nüll-Gasse 22, ein Gründerzeithaus im 10. Wiener Gemeindebezirk.
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Umdenken beim Bauen gefragt!

Die Kreislaufwirtschaft in der Bestandssanierung ist zugleich Chance und Herausforderung: Sie soll dazu beitragen, den enormen Rohstoff-Verbrauch sowie die Treibhausgas-Emissionen, verursacht durch den Bausektor, zu reduzieren.

von: Redaktion

Der Bausektor verbraucht einen großen Teil der Rohstoffe weltweit und ist laut UN-Bericht („2020 Global Status Report for Buildings and Construction“) für 38 Prozent der Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. Gleichzeitig liegt die Sanierungsquote von Gebäuden in Österreich bei circa 1,5 Prozent. Man muss kein Visionär sein, um zu erkennen: Hier ist erhebliches Einsparpotenzial vorhanden. Der Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft soll genau das leisten, nämlich Ressourcen einsparen und damit auch den CO2-Ausstoß verringern helfen.

Die DI Wilhelm Sedlak GmbH will es genau wissen und hat den Praxistest gestartet. Die Van-der-Nüll-Gasse 22 – ein Bestandsobjekt der Sedlak Immobilien – soll saniert werden, und zwar kreislauffähig im Sinne der EU-Taxonomie als auch unter Berücksichtigung der technischen Bewertungskriterien, die im Juni des letzten Jahres veröffentlicht wurden.

Gründerzeithaus im 10. Wiener Gemeindebezirk

Das Gebäude selbst ist ein Gründerzeithaus aus dem Jahr 1885, mehrfach saniert. Außen sieht es mehr aus wie ein 60er-Jahre-Bau – von einer schönen Fassade, wie sie für Gründerzeithäuser in Wien eigentlich typisch ist, ist nichts (mehr) vorhanden.

Nach einer ersten Studie sollen hier neue Wohnungen und Büroflächen auf einer Bruttogeschossfläche von 1.600 Quadratmetern – inklusive Nachverdichtung in Form von drei Geschossen als Dachaufbau – entstehen. Bauherr ist die Sedlak Immobilien GmbH, Planung und Bauausführung erfolgt durch die DI Wilhelm Sedlak GmbH. Begleitet wird das Projekt durch die Scale Umweltberatung GmbH. Die Mehrkosten, die durch die kreislauffähige Sanierung im Vergleich zur konventionellen Sanierung anfallen, werden zum Teil von WieNeu+ gefördert.

Margarete Berl, Projektleiterin der Sedlak Immobilien GmbH dazu: „Der Fokus liegt auf größtmöglich wirtschaftlichen, skalierbaren und mit moderatem Aufwand umsetzbaren Lösungen, denn die Kosten werden jedenfalls ein wichtiges Kriterium ausmachen, ob man sich für oder gegen eine Maßnahme zur Förderung der Kreislauffähigkeit entscheidet.“

Bewertung und Nachweis der Kreislauffähigkeit

Konkret bedeutet kreislauffähiges Bauen und Sanieren: Verlängerung der Nutzungsdauer des Gebäudes – durch eine Planung, die Umnutzungsmöglichkeiten im Vorhinein berücksichtigt und eine einfache Nutzung garantiert, sowie durch Verwendung von Materialien und Technologien mit hoher Lebensdauer und Verzicht auf Primärrohstoffe zugunsten von Sekundärrohstoffen – also bereits Vorhandenes wird wiederverwendet oder es werden recycelte Materialien eingesetzt. Das führt auch zu einer Reduktion von nicht wiederverwertbarem Abfall beim Bauen.

Weiters muss schon beim Planen ein Rückbaukonzept für das Ende der Nutzungsdauer mitgedacht werden. Das gesamte Gebäude sollte dadurch irgendwann auch als Materialbank dienen. Dafür wird ein digitaler Gebäuderessourcenpass benötigt – damit auch sichtbar ist, was, wo, wie verbaut ist.

EU-Projekt „More Life 2 Level(s)“

Das Projekt ist eines von zehn ausgewählten Gebäuden und Bauprojekten des EU-Projekts „More Life 2 Level(s)“, mit dem das Level(s)-Rahmenwerk der EU evaluiert wird. Simone Grassauer, Geschäftsführerin der Scale GmbH, erklärt: „Level(s) ist ein von der EU entwickelter Ansatz zum Nachweis und zur Bewertung der Nachhaltigkeit eines Gebäudes über seinen gesamten Lebenszyklus hinweg und nicht zu verwechseln mit einer Gebäudezertifizierung. Die EU-Taxonomie verweist auch in den technischen Kriterien zum Umweltziel ‚Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft‘ darauf“.

Projektstart war im Juni 2023, der Baustart soll im ersten Quartal 2025 erfolgen, die Fertigstellung ist für Anfang 2026 geplant. „Die Bestandsbewertung ist eine wesentliche Voraussetzung für die kreislauffähige Sanierung, viele Bauteilöffnungen sind gerade bei einer so alten Substanz unerlässlich, nur dann ist auch eine realistische Potentialanalyse der Bestandsmaterialien möglich“, erläutert Grassauer.

Margarete Berl ergänzt: „Integrale Planung ist hier wichtiger denn je. Bauherr, Planer, Statiker und Bauphysiker sowie die Bauausführenden sind hier sehr früh in intensivem Austausch. Kreativität und Neudenken sind gefragt sowie ein offener Zugang zu diesem Ansatz beim Bauen, der ja grundsätzlich nicht neu ist. Wiederverwendung und -verwertung von vorhandenen Materialien wurde über die Jahrhunderte ganz selbstverständlich praktiziert und ist erst im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts als nicht mehr zeitgemäß abhandengekommen.“

Wettbewerbsfähigkeit durch Umdenken

Der Prozess dieses Pilotprojekts wird dokumentiert; als Ergebnis soll dargestellt werden, wie weit eine kreislauffähige Sanierung im Sinne der EU-Taxonomie zum aktuellen Zeitpunkt ökonomisch möglich ist. Nachhaltige, CO2-neutrale Baumaterialien gibt es, sie sind aber im Schnitt noch teurer als konventionelle. Auch Handwerker, die gebrauchte Materialien wieder entsprechend aufbereiten können, fehlen am Markt. Regelungen, wie mit wiederverwendeten Produkten und Materialien hinsichtlich Produkthaftung und Gewährleistung vorzugehen ist, fehlen noch.

Die DI Wilhelm Sedlak GmbH leistet hier durchaus Pionierarbeit. „Denn die Rohstoffe wachsen nicht unendlich nach, Ressourcen werden knapp – die Transformation zur Kreislaufwirtschaft ist daher aus heutiger Sicht langfristig unaufhaltbar. Wettbewerbsfähig wird nur bleiben, wer sich jetzt damit aus-einandersetzt“, ist Simone Grassauer überzeugt.

Mehr Informationen unter sedlak.co.at.

Lesen Sie diesen Artikel ab Seite 38 der aktuellen Ausgabe 2-24 oder am Austria Kiosk!


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