5/2023 Forschung Bildung
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Im Doppelinterview gehen Katrin Auel und Johannes Starkbaum, beide vom IHS, auf die kürzlich publizierte “Ursachenstudie zu Ambivalenzen und Skepsis in Österreich in Bezug auf Wissenschaft und Demokratie“ ein.
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Wissenschaftsskepsis

Katrin Auel und Johannes Starkbaum vom Institut für Höhere Studien (IHS) gehören zum Autor/inn/enteam, das im Auftrag des BMBWF die Ursachen für Wissenschafts- und Demokratieskepsis in Österreich untersucht hat. Im Interview erklären Sie mehr dazu.

von: Redaktion

AI: Was ist das zentrale Ergebnis der Ursachenstudie?
Johannes Starkbaum:
Die Kernaussage ist, dass das Phänomen der Wissenschafts- und Demokratieskepsis extrem vielschichtig ist. Dass es unterschiedliche Blickwinkel gibt, die verschiedene Formen von Kritik auslösen, die mehr oder auch weniger legitim sein können. Die Stärke der Ursachenstudie liegt darin, diese Bandbreite aufzuzeigen.

Ist die österreichische Bevölkerung tatsächlich so viel wissenschaftskritischer als in anderen europäischen Ländern?
Katrin Auel:
Nein. Das lässt sich aus der Eurobarometer-Studie so nicht ableiten. Die Eurobarometer-Studie versucht, das Verhältnis der europäischen Bevölkerung zu Wissenschaft und technischen Entwicklungen in seiner ganzen Komplexität zu messen. Sie umfasst viel mehr als die Fragestellungen, bei denen Österreich schlecht abgeschnitten hat. Deshalb ist die Sichtweise verkürzt, zu behaupten, Österreich sei so wissenschaftsskeptisch. Das sieht man auch daran, dass Österreich mit seinen Antworten im Durchschnitt liegt.

Aber was sagt uns Ihre Studie dann? Wo liegt das Problem in Österreich?
Starkbaum:
In einigen Bereichen haben sich die Österreicherinnen und Österreicher durchaus kritisch zur Wissenschaft geäußert, etwa bei der Frage nach der Rolle von Wissenschaft im Alltag. Das hat auch den öffentlichen Diskurs befeuert. Uns war es wichtig, kritisch zu hinterfragen, was diese Fragen über das Verhältnis der Menschen zu Wissenschaft aussagen. Wir haben daher Wissenschaftsskepsis als die systematische und unbegründete Ablehnung von Wissenschaft definiert, also jene, die sich über mehrere Bereiche der Wissenschaft erstreckt und die zugleich undifferenziert pauschal erfolgt. Wenn man Wissenschaftsskepsis in diesem Sinn versteht, lässt sich ein Kern von rund zehn Prozent der Bevölkerung in Österreich ausmachen, der so denkt. Es gibt aber auch Menschen, die vielen zentralen wissenschaftlichen Erkenntnissen durchaus glauben und trotzdem sehr kritisch gegenüber der Wissenschaft als Ganzes eingestellt sind. Und da wird es eben sehr kompliziert.

Auel: Zwei Ergebnisse unserer Studie sind aber bemerkenswert. Das eine ist: Unter den Befragten der unterschiedlichen Studien gibt es die 20 bis 30 Prozent, die Wissenschafter/inne/n und ihrer Arbeit sehr kritisch gegenüberstehen. Damit ist nicht unbedingt eine Ablehnung von Wissenschaft per se verbunden, vielmehr ein Argwohn gegenüber Wissenschafter/inne/n, ihrer Finanzierung, Motivation und Verbindung zur Politik.

Wo liegen die Gründe dafür? Hängt das mit der Ablehnung von Autoritäten zusammen?
Auel:
Das kann man so sagen. In den Umfragen wird bei einem Teil der Befragten ein grundsätzliches Misstrauen gegenüber politischen und gesellschaftlichen Entscheidungsträger/inne/n deutlich, egal ob es sich um Politiker/innen, Wissenschafter/ innen oder andere handelt. Da wird nicht immer wirklich differenziert. Darin besteht auch der starke Konnex zwischen Wissenschafts- und Demokratieskepsis, den die Ursachenstudie aufzeigt. Und dann gibt es den zweiten Aspekt: dass ein größerer Teil der Bevölkerung ganz klar kaum oder gar kein Interesse an Wissenschaft zeigt.

Gibt es einen Zusammenhang zwischen Wissenschaftsskepsis und Desinteresse an Wissenschaft?
Starkbaum:
Nein, da gibt keinen sehr ausgeprägten empirischen Zusammenhang.

Was kann man Ihrer Meinung nach daraus lernen?
Auel:
Das liegt auf zwei unterschiedlichen Ebenen. Es gibt keinen gleitenden Übergang von Interesse zu Desinteresse zu Skepsis, wenn Sie das meinen. Das zählt zu den Dingen, die meiner Ansicht nach noch genauer untersucht werden müssen. Was wir aber zeigen können, ist, dass Befragte die angeben, sich nicht für Wissenschaft zu interessieren, zugleich der Wissenschaft zu einem überwältigenden Teil vertrauen. Umgekehrt zeigt die Eurobarometer-Studie, dass sich gerade eher skeptische oder kritische Menschen oft sehr für Wissenschaft interessieren.

Gibt es Unterschiede je nach Wissenschaftsdisziplin?
Starkbaum:
Die haben wir in der Ursachenstudie nicht untersuchen können, da die einzelnen fünf Umfragen, die wir miteinander verglichen haben, das nicht hergeben. Aber wir wissen, dass es beim Beantworten der Fragen einen großen Unterschied macht, welches Bild von Wissenschaft Menschen im Kopf haben. Das sieht man unter anderem bei der Eurobarometer-Umfrage, wo verschiedene Technologiefelder sehr unterschiedlich bewertet werden.

Katrin Auel ist Co-Autorin der Ursachenstudie zur Wissenschafts- und Demokratieskepsis, Politikwissenschafterin und Leiterin der Forschungsgruppe Europäische Governance, Öffentliche Finanzen und Arbeitsmarkt am IHS.

 

„Die Wissenschaft muss stärker in den Dialog mit den Bürger/inne/n gehen.“

Johannes Starkbaum ist Leiter der Ursachenstudie. Am IHS beschäftigt sich der Politikwissenschafter und Soziologe mit den Themen Technik, Wissenschaft und gesellschaftliche Transformation.

„Die Sichtweise ist verkürzt, dass Österreich so wissenschaftsskeptisch sei.“

Die Studie zum Download unter:


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