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Die Studie der globalen MINT-Workforce Beratung SThree* hat das wahre Ausmaß der Abwerbung von Talenten in sechs der weltweit größten und einflussreichsten MINT-Volkswirtschaften – den USA, Japan, Großbritannien, Deutschland, den Niederlanden und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) – offenbart.
Mehr als jeder Dritte (35 %) der 5.391 befragten MINT-Fachkräfte wurde im vergangenen Jahr von Konkurrenzunternehmen hinsichtlich einer Stelle im Ausland angesprochen. Jeder Fünfte (19 %) plant einen Umzug ins Ausland oder ist bereits dabei, diesen zu vollziehen – wobei mehr als die Hälfte davon (57 %) bereits eine neue Stelle angenommen hat. Dieser Trend deutet darauf hin, dass bis zu 11 % der weltweiten MINT-Fachkräfte innerhalb der nächsten 12 Monate in ein anderes Land auswandern könnten.
Timo Lehne, CEO von SThree, erklärt: „Wir dürfen die drastischen Veränderungen in Bezug auf die Entwicklung von Kompetenzen und Arbeitskräften nicht unterschätzen. Die Regierungen erhöhen sowohl ihre Investitionen in die Technologiebranche als auch die Einstiegsvoraussetzungen, um die besten Talente anzuziehen. Währenddessen kämpfen Staaten darum, die nächste wissenschaftliche Supermacht zu werden.
Alle großen MINT-Nationen setzen auf Wissenschaftlerinnen, Ingenieurinnen und weitere technologische Fachkräfte, um ihre Wirtschaft anzukurbeln. Dies führt zu enormen Bevölkerungsbewegungen, vor allem hochqualifizierte Fachkräfte werden von Stellen in den etablierten MINT-Volkswirtschaften angezogen.“
Der harte Wettbewerb um Wissenschaftlerinnen, Ingenieurinnen und andere technologische Fachkräfte wird durch den internationalen Aufstieg protektionistischer Handels- und Industriepolitiken sowie durch massive öffentliche Investitionen in den Technologiesektor verstärkt.
Die Zölle, Exportkontrollen und Investitionsprüfungsvorschriften der USA sollen die Hightech-Produktion im eigenen Land halten. Japan ist diesem Beispiel gefolgt, hat die Aufsicht über ausländische Beteiligungen verschärft und einen 10 Billionen Yen (56,96 Milliarden Euro) schweren Fonds für wissenschaftliche und technologische Souveränität eingerichtet, um die heimische Forschung und Entwicklung anzukurbeln. Die EU strebt unterdessen an, ihren Anteil an der weltweiten Chip-Produktion durch den 43 Milliarden Euro schweren European Chips Act zu verdoppeln, während der britische Advanced Manufacturing Plan den allgemeinen Wettlauf um technologische Selbstständigkeit unterstreicht.
Der MINT Workforce Report verdeutlicht sowohl die Zahl der Fachkräfte, die Chancen im Ausland abwägen, als auch die Auswirkungen, die dieser Talentabfluss bereits innerhalb von Unternehmen hat. Fast die Hälfte (49 %) gab an, dass ihre Unternehmen im vergangenen Jahr Schwierigkeiten hatten, ausgeschiedene Kolleginnen zu ersetzen, und vier von fünf (81 %) berichteten, dass die Auswirkungen des Verlusts wichtiger Kolleginnen an andere Länder schwerwiegend oder moderat waren – mit Verzögerungen bei kritischen Projekten.
Die Ergebnisse zeigen eine deutliche Kluft zwischen Ländern, die Talente auslagern, und solchen, die sie an sich binden. In den Vereinigten Arabischen Emiraten erwägt oder plant mehr als die Hälfte (53 %) der Fachkräfte einen Umzug ins Ausland, dicht gefolgt von den Niederlanden (47 %) und Deutschland (44 %).
Im Gegensatz dazu sind nur 7 % der Fachkräfte in Japan offen für einen Wegzug sind und mehr als neun von zehn (93 %) beabsichtigen, zu bleiben. Das Vereinigte Königreich (37 %) und die USA (32 %) liegen zwischen diesen Extremen, wobei etwa ein Drittel der Fachkräfte offen für einen Umzug ist.
Timo Lehne erklärt: „Fachkräfte im MINT-Bereich gehören zu den begehrtesten Expertinnen in der Arbeitswelt. Sie ziehen nicht nur wegen höherer Gehälter um, sondern auch wegen der Lebensqualität, der beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten und der Work-Life-Balance. Es geht darum, Bedingungen zu schaffen, unter denen Menschen ihre Zukunft aufbauen wollen.“ „Die führenden Volkswirtschaften im MINT-Bereich müssen sich auf diesen bevorstehenden Austausch von Fachkräften vorbereiten. Qualifizierte Arbeitnehmerinnen haben heute die Möglichkeit, ihren Wohn- und Arbeitsort frei zu wählen, und sie machen von dieser Möglichkeit Gebrauch. Länder, die dies erkennen und attraktive, offene und unterstützende Rahmenbedingungen schaffen, werden nicht nur ihre besten Köpfe binden, sondern auch Talente aus anderen Ländern anziehen. Diejenigen, die sich nicht anpassen, laufen Gefahr, zu Ausbildungsstätten für die Konkurrenz zu werden und in Qualifikationen zu investieren, die dann nur dazu dienen, Innovationen in anderen Volkswirtschaften voranzutreiben“, so Lehne.
						