Forschung

"Bei den MedUnis und Uni-Kliniken braucht es eine klare Organisationsstruktur!"

Forschungsrat empfiehlt Neuregelung der Zusammenarbeit zwischen Medizinischen Universitäten und Universitätskliniken

"Zehn Jahre nach Ausgliederung der Medizinischen Universitäten ist es an der Zeit, über die Weiterentwicklung der Umsetzungskultur nachzudenken", so Univ.-Prof. Dr. Markus Hengstschläger, Mitglied des Rates für Forschung und Technologieentwicklung und Mentor des Themas "Medizinische Forschung". Die derzeit bestehende Komplexität ergibt sich vor allem aus dem Umstand, dass die Medizinischen Universitäten nicht nur Lehre und Forschung betreiben, sondern darüber hinaus im Verbund mit den zu den Krankenanstaltenträgern gehörenden Universitätskliniken auch für die PatientInnenversorgung zur Verfügung stehen. Folglich gibt es für diese Aufgaben mehrere Verantwortliche - Bund und Länder, Universitäten und Krankenanstaltenträger -, die nicht immer an einem Strang ziehen.

Besonders deutlich zeigt sich dies immer wieder bei der Festlegung des sog. Klinischen Mehraufwandes, also bei der Abgeltung des Bundes an die Länder Wien, Steiermark und Tirol für den durch Lehre und Forschung verursachten zusätzlichen Aufwand für Personal und Infrastruktur. Der Vorsitzende des Forschungsrates, Dr. Hannes Androsch, bringt die Situation prägnant auf den Punkt: "Wenn bei den Philharmonikern jeder für sich spielt, entsteht keine Symphonie, sondern Kakophonie". In diesem Sinn plädiert Androsch für eine klare Festlegung der Rollen sowie für eine gemeinsame Führungsstruktur für jenen Bereich, wo sich Universitäten und Kliniken in ihren Aufgaben überlappen: "Wenn etwas in der Sache verschränkt ist, muss es das auch organisatorisch sein."

Die dazu vom Forschungsrat erarbeitete Empfehlung legt entsprechend den Entwurf eines Prozesses vor, wie diese Rollen und Aufgaben künftig definiert werden könnten und sollten. Dazu wurden im Rahmen der vom Forschungsrat im Vorfeld beauftragten Studie "Befunde und Handlungsansätze zur Weiterentwicklung der Universitätsmedizin in Österreich" maßgebliche Akteure der Medizinischen Universitäten und der Universitätskliniken befragt und unterschiedliche Lösungsansätze diskutiert.

Die Ergebnisse zeigten vor allem Probleme in der Strategieentwicklung, beim Personalmanagement, bei der Organisation und in der Finanzierung auf. Eine Vielzahl von Gesprächen und ein Workshop zum Thema führten zur Entwicklung von Handlungsmaßnahmen und zum Entwurf der nun vorliegenden Empfehlung betreffend Zusammenarbeit von Medizinischen Universitäten und Universitätskliniken sowie zur Abgeltung des "Klinischen Mehraufwands".

Kernpunkte der Empfehlung sind - die Vorlage eines dreistufigen Modells zur Ermittlung bzw. Abgeltung des "Klinischen Mehraufwandes", welches Verhandlungen des budgetären Rahmens, der Lehr- und Forschungsschwerpunkte und des dafür vorgesehenen wissenschaftlichen Personals, und schließlich über das für die Patientenversorgung zusätzlich notwendige Personal vorsieht, - die Abgeltung des Mehraufwandes für Personal, Gesundheits- und Krankenpflege und technische Infrastruktur, - der Aufbau gemeinsamer Strukturen in der Verwaltung und Organisation der Universitätskliniken (Krankenanstaltenträger) mit den Medizinischen Universitäten, - die Erstellung gemeinsamer Leistungsvereinbarungen der Medizinischen Universitäten, - die Entwicklung einer gemeinsamen Strategie für Forschung und Lehre an den Medizinischen Universitäten im Sinne einer Schwerpunktbildung, - die Verhandlung der Investitionskosten für Forschungsinfrastruktur sowie für Bau- und Sanierungsarbeiten an den Universitätskliniken zwischen Bund und Ländern im Sinne des medizinischen Forschungsstandortes Österreich, und schließlich - eine effiziente Abstimmung der strategischen Schwerpunktsetzungen der Universitätskliniken mit übergeordneten Strukturplänen (ÖSG -Österr. Strukturplan Gesundheit, RSG - Regionale Strukturpläne Gesundheit).

Darüber hinaus werden in einer Anlage zur Empfehlung auch noch offene Punkte angesprochen, die im Zuge einer politischen Implementierung der Empfehlung zu klären sind.

Seit in Kraft treten des Universitätsgesetzes 2002 (UG) und der Ausgliederung der Medizinischen Universitäten im Jahr 2004 werden die Rahmenbedingungen zur Zusammenarbeit der Medizinischen Universitäten mit den Universitätskliniken immer wieder kontrovers diskutiert. An den drei bestehenden Standorten Medizinischer Universitäten - Wien, Graz und Innsbruck - fanden inzwischen unterschiedliche Reformbemühungen statt, welche die Zusammenarbeit zwischen Krankenanstaltenträgern und Universitäten regeln sollen. Eine nachhaltige Lösung für alle drei Standorte konnte bislang allerdings nicht gefunden werden.

Ein Universitätsklinikum kann als Krankenanstalt definiert werden, dessen Betrieb teilweise oder ganz der Lehre und Forschung einer Medizinischen Universität dient. An den genannten Standorten sind sie zudem "Zentralversorger" und damit unverzichtbarer Partner für die PatientInnenversorgung. Diese unterschiedlichen Aufgaben - Lehre und Forschung einerseits, Patientenversorgung andererseits - spiegeln sich auch in der gesetzlich festgelegten Verteilung der Kompetenzen wider, die den Bund für Wissenschaft und Forschung sowie Lehre, die Bundesländer als Träger der Krankenanstalten aber für die PatientInnenversorgung verantwortlich macht.

Die dadurch geschaffenen mannigfaltigen Schnittstellenprobleme zeigen sich im täglichen Betrieb der Universitätskliniken vor allem - in unterschiedlichen Zielvorgaben, die eine gemeinsame strategische Ausrichtung der Medizinischen Universität und des Krankenanstaltenträgers verhindern oder zumindest erschweren, - in unterschiedlichen Dienstrechtsverhältnissen, die das strategische und operative Personalmanagement behindern, - in der Schaffung doppelter Führungs- und Verwaltungsstrukturen, die folglich sowohl bei Effektivität als auch Effizienz Optimierungsbedarf aufweisen, und schließlich - bei der Finanzierung, die im Rahmen des "Klinischen Mehraufwands" abgerechnet wird und zudem durch die in den Bundesländern unterschiedlich geregelten Anstellungsverhältnisse der Ärzte erschwert wird.

Die vom Rat für Forschung und Technologieentwicklung nun vorgelegte Empfehlung soll eine Reform der Zusammenarbeit zwischen den Trägern der Krankenanstalten und den Medizinischen Universitäten anstoßen. Dabei muss vor allem die Steigerung der Leistungsfähigkeit der universitären Medizin, unterstützt durch erhöhte Transparenz bei der Finanzierung, im Zentrum der Festlegung der jeweiligen Kompetenzen von Bund und Ländern stehen.  


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